Das war’s jetzt also, o monarchieverliebte Lesehäschen, nach 70 Jahren. Irgendwo verlautete, dass Tony Blair der erste Premier war, der schon unter der Regierung Elizabeth’ II. geboren wurde, was weniger dramatisch ist als die Tatsache, dass euer Ergebener noch studiert hat, als Blair Premierminister wurde.
Interessanter ist aber sowieso, dass wir anlässlich des royalen Ablebens wieder einmal mit der Nase auf die Existenz einer Sorte von, nunja, Journalisten gestoßen werden, bei denen man sich fragt, wovon die eigentlich leben, wenn gerade kein gekröntes Haupt ein Bankl gerissen hat: die Herrschaften von der Hofberichterstattung. Tatsächlich zahlt es sich anscheinend aus, die Öffentlichkeit über das Befinden von Leuten informieren, die nicht nur keiner der Leser kennt, sondern die auch längst nichts mehr zu sagen haben. Freilich, die Kardashians interessieren auch, also was soll’s.
Trotzdem kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Expertinnen und Experten für Schlossbewohner es nicht so unbedingt mit dem Ganz-fertig-Denken haben. So gab sich euer Zweckdichter gestern eine Fernsehdoku über Elizabeth, in der wieder und wieder betont wurde, wie sehr die Verstorbene das Frauenbild der 50er Jahre wandelte, weil sie eine working mom war. Ungefähr eine Viertelstunde lang ging das so in Dauerschleife, und während zwar einmal erwähnt wurde, dass die Queen sich ihren Regierungsgeschäften widmen konnte, weil ihr Mann zuhause blieb und sich um die Kinder kümmerte, wurde keine Silbe darüber verloren, dass dies nichts mit der Realität der Millionen Frauen zu tun hatte, deren Bild dadurch gewandelt wurde, weil deren Männer bestenfalls mit amüsierter Verblüffung reagiert hätten, wäre das Ansinnen an sie herangetragen worden, sie sollten doch daheimbleiben und care work leisten.
Die Gute hat also das Bild der Frau vermutlich dahingehend gewandelt, dass man bis dahin ein Bild sah, wie die Frau auf dem Kinderbetreuungsstuhl saß, der Mann auf dem Brötchenverdienstuhl. Das Beispiel der Königin konfrontierte die Frauen mit der Erwartung, auf beiden Stühlen zugleich sitzen zu können, sodass jene unsanfte Landung vorprogrammiert war, deretwegen heute immer nach mehr Kinderbetreuung geschrien wird.
Zwar wurde bisweilen kritisch angemerkt, dass die Kinder halt schon wenig von der Mama hatten, dass der kleine Charles sie nur zweimal des Tages zu Gesicht bekam und sich dann mit einem Diener verabschieden musste. Da haben es die Bürgerlichen schon viel gemütlicher. Für euren Kolumnator genügt da ein Blick aus dem Fenster: Wenn gegen 7 Uhr früh die Dreijährigen aus dem Cayenne geladen und für die nächsten neun bis zehn Stunden in den Kindergarten verfrachtet werden, weil M & P beide auf dem Brötchenverdienstuhl sitzen, um den Cayenne und den Kindergarten zu finanzieren, müssen sie keinen Diener machen. Sie können, wenn sie wollen. Sie können auch heulen, wenn sie wollen. Aber Hauptsache, sie verschwinden im Kindergarten, mit oder ohne Diener bzw. Geheul.
So ist das mit dem Familienleben des gehobenen Bürgertums im Vergleich zu Königshäusern. Schönes Wochenende!
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