Ich weiß, es ist noch eine Weile hin. Aber wie haltet ihr es eigentlich mit dem Wählen, o mitbestimmungsbeflissene Lesehäschen? Es ist ja derzeit nicht ganz einfach. Einerseits weiß man: Wählen gehört sich, denn dafür haben unsere Vorväter bekanntlich ihr Blut gegeben, damals, am 12. Februar oder so.
Andererseits dürfen erstens auch Leute wählen, deren Vorväter am 12. Februar gerade was anderes zu tun hatten (Kühe melken zum Beispiel) oder vom Wahlrecht generell nicht so überzeugt waren. Und zweitens, da packen wir jetzt ein bestenfalls lauwarmes Eisen ungescheut an, wen wählen?
Unsereiner schaut sich die Grünen an, die Roten, die Blauen, die Schwarzen (oder sind die noch türkis?) und die Pinken und denkt sich: Das Wahllokal ist zwar keine fünf Minuten zu Fuß entfernt, aber eigentlich ist es fast schade um die Zeit.
Die Grünen: waren zehn Jahre in der Wiener Stadtregierung, und wohin man blickt, wurde anscheinend alles getan, damit die Stadt möglichst rasch eine möglichst hohe Kuscheltemperatur erreiche. Ob man sich die die Asphalt- und Pflasterwüsten auf dem Gelände des ehemaligen Südbahnhofs anschaut oder die Kiesflächen im Schwarzenbergpark, wo vor wenigen Jahren noch uralte Baumriesen standen: Chlorophyll scheint mit „grün“ nicht gemeint zu sein.
Die Blauen: Scherz, oder?
Die Schwarzen/Türkisen: Wie die Blauen, nur schwächer.
Die Pinken: einige ungeheuer kompetente und engagierte Persönlichkeiten, aber die Themen sind wahrscheinlich nicht die dringendsten.
Die Roten könnte man schon ankreuzeln. Man hätte aber dabei ein bisschen ein schlechtes Gewissen, weil man sich vorkäme, als störe man sie bei etwas Wichtigem.
Tja, und damit sind wir auch schon durch. Klar gibt es noch Nischenangebote, aber ist es wirklich wahr, dass einem urbanen Zweckdichter mittleren Einkommens und Alters keine der herkömmlichen Parteien ein halbwegs überzeugendes Angebot macht?
Yep, ist es.
Man könnte fast neidisch werden, wenn man an die Trumpisten und ihren Sturm auf das Kapitol denkt. Da waren vor gut zwei Jahren Leute allen Ernstes bereit, gewählten Volksvertretern werweißwas anzutun, weil sie ihren eigenen Vertreter für noch wesentlich gewählter erachteten. Das ist Hingabe, Herrschaften! Diese Menschen haben lange Wege und hohe Risken auf sich genommen, um nach ihrer Fasson die Demokratie zu retten. Dass der Demokratie nach unserem Verständnis damit nicht gedient war, steht auf einem anderen Blatt. Aber sie hatten immerhin eine politische Heimat und etwas, wofür sie den Arsch hochkriegten.
Unsereiner wählt eventuell ungültig, was soviel heißt wie: „Das Wahlrecht ist etwas Gutes, und hoffentlich weiß ich irgendwann wieder etwas damit anzufangen.“
Schönes Wochenende!
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