Dieser Tage, o volksnahe Lesehäschen, hatte euer Ergebener wieder einmal Veranlassung, über weite Strecken Ö3 zu hören. Denn unsereiner ist gerade traditionsbewusst genug, dass auf der Baustelle das Radio laufen muss, aber nicht so hardcore, Radio Wien oder gar Radio Niederösterreich einzustellen – und schon gar nicht so hardcore wie jene beiden Monteure, die der Zweckdichtersfrau vor einer Weile etwas montierten und dabei nonstop Heavy Metal aus dem Makita-Radio hörten. Eine Metalbaustelle war bis dahin noch nie.
Wo waren wir? Ö3. Es bestätigte sich erneut ein lang gehegter Verdacht: Ö3-Moderator*+:/innen werden in klimatisierten Studiokäfigen gehalten. Sinnreich eingestellte Zeitschaltuhren simulieren Tages- und Jahreszeiten. Zu bestimmten Gelegenheiten werden die Glasbarrieren zwischen Exemplaren verschiedener Geschlechter entfernt, auf dass auch kommende Generationen ein wie gewohnt moderiertes Formatradio genießen können.
Aufgrund dieser Gegebenheiten haben Ö3-Moderatoren (lassen wir den Unfug) vom echten Wetter da draußen keine Ahnung. Natürlich trifft sie daran keine Schuld, es ist halt nur. Schon vor Jahrzehnten (nämlich, als das noch vorkam) bekam man es im Tone großer Aufregung und mit sich beinahe überschlagender Stimme serviert, wenn es im Jänner EXTREM KALT BEI MINUS ZEHN GRAD war oder wenn es wenige Tage später HEFTIG SCHNEITE. Im Jänner! Das muss man sich einmal vorstellen! Irre, diese Wetterkapriolen.
Dieser Tage läuft das nicht weniger verrückte Gegenteil: Es hat regelmäßig über 25 Grad, und ganz Ö3 besingt das Lob dieses HERRLICHEN SPÄTSOMMERWETTERS und erklärt, dass man es AM WOCHENENDE NOCH EINMAL SO RICHTIG GENIESSEN könne.
Leute: Nein. Wenn man am 22. September einen Schweißausbruch bekommt, während man eine Kiste mit Malerausrüstung in die Wohnung trägt, ist das kein herrlicher Spätsommer, das ist kranker Klimawandelscheiß. September ist ein Monat mit R, das bedeutet: Unter erfreulichen Umständen ist das Wetter an mindestens einem Drittel der Tage, eher der Hälfte, geeignet, einen Anzug zu tragen, und hin und wieder sogar schon einen leichten Dreiteiler. Anzug bisher diesen Monat: an zwei Tagen, und das nur aus Sturheit, denn eigentlich war es eh noch zu warm. Dreiteiler: schmeck’s.
Man darf überkommenen Verhaltensregeln der landed gentry wie zum Beispiel „no brown in town“ dabei getrost den Stinkefinger zeigen. Aber grundsätzlich gehört sich im September zumindest mit einer gewissen Regelmäßigkeit ein Wetter, zu dem man erhobenen Hauptes zwei Schichten tragen kann.
Schönes erfrischendes Wochenende!
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