Es ist oft anders, o flexible Lesehäschen, als man glaubt. Zum Beispiel hättest du dir als Normalverbraucher vor zwei, drei Jahren nicht träumen lassen, dass die KI in deinem Leben jetzt schon eine Rolle spielen könnte. Oder du hast dir fest vorgenommen, niemals wieder ein Haustier mit Wirbelsäule in deine Umgebung zu lassen, weil mit einer Wirbelsäule immer auch ein Knuddligkeitsfaktor einhergeht, der bei Sensibelchen wie eurem Ergebenen übertriebene emotionale Einlassungen provoziert. Man hat dann einfach zu viel Mitleid mit den Viechern. Dass Käfer eine erfreuliche Alternative für alle darstellen, die ihre Wohnung gern mit anderen Wesen teilen, ist für treue Lesehäschen nichts Neues. Der ZEIT war kürzlich zu entnehmen, dass Ameisen derzeit voll angesagt sind. Zu ihren Reizen, so der Autor, zähle es, dass sie mit einfachsten kognitiven Mitteln alles zusammenbringen, was der Mensch auch so schafft, von Sammeln über Jagen und Ernten bis zur Sklavenhalterei.
Die letzteren sind körperlich so spezialisiert, dass sie ohne Sklaven nicht mehr überleben können. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich käme mir ein bisschen seltsam dabei vor, mir ein Ameisenvolk anzuschaffen, damit es von dem anderen versklavt werde. Dann lieber gleich eine Katze, denn da ist der nötige Lakai schon vorhanden, weil es sonst niemanden gäbe, der die Katze ins Haus holt.
Dann merkt man allerdings: Die Zeiten haben sich geändert. Während es für kleine Gen-Xer ganz normal war, ihre Eltern wochen- und monatelang anzujammern, dass man so gern eine Katze/einen Wellensittich/ein Meerschweinchen hätte, sind Gen-Zer sich der Bedürfnisse anderer Spezies eher bewusst: Man holt sich keine Katze mehr. Man holt zwei Katzen. Man holt auch zwei Kaninchen, zwei Meerschweinchen, um Himmelswillen mindestens zwei Papageien und auch zwei Pferde, es sei denn, man gönnt seinem Einzelpferdekind eine Gesellschaftsziege. Ob die Ziege sich mit dem Pferd langweilt, bleibt ungeklärt. Interessant bleibt die Frage, ob speziesübergreifende Gesellschaft etwa auch für eine Katze (Maus?) machbar wäre. Hamster können sehr gut allein bleiben. Allerdings sollten sie es auch, weil sie die ganze Nacht in ihrem Käfig herumfuhrwerken und dich tagsüber ungehalten beißen, wenn du was von ihnen willst. Wenigstens leben sie nicht lang.
Bei der Befassung mit Gen-Zer-Wünschen stolpert man auch über allerlei Internettipps zur Wahl des richtigen Haustiers. Bald stellt man fest, dass der Kampf gegen die Maschinen bereits begonnen hat. Nur stehen wir den Robotern nicht mit Laserwaffen auf einem postapokalyptischen Schlachtfeld gegenüber. Vielmehr zermürbt uns die KI, indem sie uns Hausgenossen unterjubelt, die weniger dazu geeignet sind, unseren Alltag mit ihrer flauschigen Anwesenheit zu bereichern, als darauf, uns binnen Wochen in den Wahnsinn zu treiben. Dass hier Meerschweinchen als super cuddly angepriesen werden, obwohl ihre Bereitschaft, sich streicheln zu lassen, als todesängstliche Schreckstarre treffender beschrieben wäre, ist da noch eine der harmloseren Fallen. Doch wie kommt man ernstlich auf die Idee, sein Heim mit nicht etwa einem, sondern mindestens zwei sugar gliders teilen zu wollen? Wer noch nicht in die Verlegenheit gekommen ist: Der auf Deutsch so genannte Kurzkopfgleitbeutler sieht allerdings extrem niedlich aus. Das war’s aber auch schon: Die Viecher brauchen viel, viel mehr Platz, als man unterhalb der Oligarchenklasse bieten kann („glider“ ist nicht nur so dahingesagt). Sie markieren außerdem ihr Revier mit einem übelriechenden Sekret und sind, das überrascht jetzt keinen mehr, nachtaktiv. Angesichts dieser Schwierigkeiten überlegt das Zweckdichterbalg nun die Anschaffung eines love interest, weil das auch kuschlig ist, aber daheim gefüttert wird und allein zum Arzt gehen kann. Ach ja, die Zweckdichterschwiemu hat wieder einen Hund.
Schönes Wochenende!
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