Freitag, 9. August 2024

Olympischer Gedanke

 

Immer, wenn eine Person von königlichem Geblüt in den Bund der Ehe eintritt oder ein Bankl reißt a.k.a. sich in eine bessere Welt verabschiedet, tritt ein Berufsstand ins Rampenlicht, von dem man sonst als Mainstreammedienkonsument eher wenig mitbekommt, nämlich die sogenannten Adelsexperten. Im Gegensatz zu Normale-Leute-Experten, auch bekannt als Soziologen, machen jene viel Aufhebens vom Fortkommen eines jeglichen Individuums. In den Dürreperioden, wenn sämtliche Royals dieser Welt sich fader Gesundheit und ehelichen Glücks erfreuen, fretten sie sich vermutlich damit durch, die Seiten untoter Klatschblätter wie der „Neuen Post“ und des „Goldenen Blatts“ zu betexten. Wer nie bei der Oma geschaut hat, was der Leserzirkelmann so vorbeibringt: Die Gala ist dagegen Pulitzerpreis. Kürzlich hatte euer Ergebener Gelegenheit, in einem Wartezimmer (wo sonst!) einen Blick in eine Postille dieses Kalibers zu werfen. Da war zu lesen, dass irgendwer Adliger oder sonstwie Abgehalfterter eine neue Beschäftigung für sich entdeckt habe, nämlich Handyspiele. Dies erfuhr das p.t. Publikum unter der Headline Lustiger Zeitvertreib. Damit weiß man wahrscheinlich alles über die Klatschpresse alter Schule, was es zu wissen gibt.

Offen blieb bisher die Frage, ob man davon als Adelsexperte leben kann, besonders angesichts der ärgerlichen Zählebigkeit gerade der besseren Stände. Die weiland Queen ist da nur ein besonders bekanntes Beispiel von vielen.

Dank den olympischen Spielen kennen wir nun die Antwort. Denn auch für manchen Kommentator gilt offensichtlich „Dabeisein ist alles“, besonders bei Sportarten, die zu Unrecht! sonst nur selten ins Rampenlicht treten. Die bestallten Sportauskenner der Sender sagen wohl: Nee du, das interessiert ja sonst nie wen, keinen Nebel davon, wenn ich mich da ans Mikro setze, kommt nur Blödsinn raus, man ist ja Profi, bitte sucht euch jemanden.

Und siehe, nichts findet sich leichter als ein Adelsexperte. Denn diese sind nicht nur mit Tagesfreizeit ausgestattet, sondern auch mit einer beneidenswerten Sorglosigkeit, wenn es darum geht, sich in der Öffentlichkeit über Dinge zu verbreiten, von denen sie keine Ahnung haben. Kein Wunder, stellt dies doch im Groben ihre Berufsbeschreibung vor.

Anders ist es nicht zu erklären, dass man etwa zur Rhythmischen Sportgymnastik vom Kommentator aufgeklärt wird, dass die aktuell tätige Turnerin eine schöne Stimme habe (zweimal!), dass 0,3 weniger ist als 0,4 und ähnliche Erkenntnisse. Wer also den Überdrübertraumjob „IOC-Funktionär“ (null Verantwortung, maximales Spesenkonto, hohe Schmiergelderwartung) nicht derglengt, für den hält Olympia einen Trostpreis bereit.

Schönes Wochenende!


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