Freitag, 2. August 2024

Übergewicht


 

Man lernt bekanntlich nie aus oder, wie auf den Give-away-Bleistiften des Knabenkonvikts Marianum zu Bregenz stand, „nia us“. Wer auf die Website dieser schätzbaren Institution schaut, stellt fest, dass auch die Diözese Feldkirch dazugelernt und eingesehen hat, dass aus einer betreuten Unterbringung für Gymnasiasten aus dem ländlichen Raum nicht automatisch Theologiestudenten mit Berufsziel Pfarrer herausfallen, sondern möglicherweise Querulanten, die alles Mögliche andere werden wollen. Daher ist das Marianum nun ein sogenannter „Bildungscampus“, was in diesem Fall einen Bauchladen bedeutet, in dem man vom Schülerwohnheim über den Kindergarten bis zur Kinderpsychiatrie so allerlei findet. Kein Wunder, dass die einst so beliebten „Altmarianertage“ offenbar völlig abgekommen sind.

Was haben wir also kürzlich gelernt? Eigentlich nichts. Wir haben nur wieder einmal bestätigt bekommen, dass Adorno recht hatte. Es gibt tatsächlich kein richtiges Leben im falschen, denn wenn du ein Antisemit bist, ist dein Sitzen nicht Jazz, aber dein Essen antisemitisch. Das erfuhr man bei den ansonsten sehr erfreulichen (Vielseitigkeitsreiten in Versailles!) Olympischen Spielen, an denen natürlich auch Israelis teilnehmen, darunter der Judoka Tohar Butbul. Er kam bereits bei den Spielen 2021 kampflos ins Achtelfinale, weil ein Algerier und ein Sudanese zurückzogen, um nicht gegen einen Juden kämpfen zu müssen.

Jetzt in Paris verzichtete sein Gegner Dris, wieder ein Algerier, nicht etwa auf die Teilnahme. Denn sein Teamkollege war nach seiner Weigerung in Tokio vom Weltverband für zehn Jahre gesperrt worden. Wie kommt man aus dem Dilemma, einerseits seine sportliche Karriere fortsetzen und andererseits Israel öffentlich das Existenzrecht absprechen zu wollen?

Die Lösung ist Essen. Der Doch-nicht-Kampfsportler verzichtete auf den sonst gern vor dem Abwiegen angetretenen Saunabesuch und tat sich stattdessen am Buffet gütlich – alles halal, natürlich. Und siehe: Er wurde eine Idee schwerer, als es seiner Gewichtsklasse ansteht, und durfte nicht kämpfen.

Bekanntlich sind die Meinungen ja verschieden wie Watschen. Aber euren Ergebenen mutet dieses Bubenstück der Bauernschläue doch recht armselig an. Üblicherweise gehen mit einer Weltanschauung oder Religion, die einem manche Dinge verbietet, auch die Eier einher, sie halt aus genau diesen Gründen bleiben zu lassen. Aber sich anzupampfen, damit man disqualifiziert wird oder wie immer der richtige Ausdruck heißt, ist ziemlich genauso würdevoll wie ein Drittklässler, der Zahnpasta schluckt, um vor der Schularbeit Fieber zu bekommen. Klappt natürlich nicht, aber speiben muss er immerhin, was man dem Herrn Dris auch nur wünschen kann. Immerhin zeigte sich der Teamsponsor, der größte Mobilfunkbetreiber Algeriens, begeistert. Na dann: Schönes Wochenende!

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