Freitag, 20. Dezember 2024

How to

 

Wie, so fragt sich mancher schon bang,

kriegen wir heuer das Fest wohl hin?

Sorg dich, mein Lieber, einfach nicht lang,

weil ich in der Hinsicht beschlagen bin.

 

Erstens bevorrate reichlich Getränke.

Zweitens plane was Großes zu kochen.

Drittens habe schon die Geschenke.

Dann ist der Grinchbann schon halb gebrochen.

 

Wenn es nun Zeit ist, den Abend zu starten,

also meist gegen Mittag, denn die Gans dauert länger.

Dann begib dich hinaus in den Garten

Mit einem Sekt und – zum Beispiel – Hirschfänger.

 

Ein Säbel tuts auch oder sogar ein Schi.

Jetzt weg mit der Kapsel, mon cher ami!

Dann entspannt angesetzt und beherzt durchgezogen

Schon erfreut euch der Sprudel in schäumendem Bogen.

 

Den Rest gießt ihr euch peu-a-peu hinter die Binde.

Ist die Buddel mal leer, ist es Zeit für die nächste.

Dann klappt’s garantiert mit dir und dem Christkinde.

Ach ja: Bescherung so zirka um sechse!

Freitag, 13. Dezember 2024

Angebissen


 

Einst, o erinnerungsstarke Lesehäschen, verhieß uns Apple allseitige Erneuerung und – in dem legendären Werbespot dazu – einen buchstäblichen Befreiungsschlag: Weg mit den Fesseln, freie Datenbahn für freie Bürger mit freien Gedanken! 40 Jahre ist das jetzt her. Wer wissen will, wie es aktuell um die Company steht, der setze sich zu mir ans Kaminfeuer.

Also: Wie verknüpft man ein AirTag (das ist so ein Findemichknopf) mit seinem Applekonto? Man hält ihn ans iPhone. Und zwar nur an dieses (oder an ein iPad). Wer ein MacBook hat und ein AirTag nutzen will, kauft sich zuvor ein iPhone. Warum das so sein muss, obgleich das AirTag per Bluetooth funktioniert, weiß man bei Apple, aber sie verraten es nicht. Das ist der erste Freiheitsgrad.

Hat man das geschafft, dann will man auf genanntem MacBook schauen, wo das Ding denn nun sei, und loggt sich behufs dessen in sein Applekonto ein. Die Logindaten für das Applekonto stellen eine sensible persönliche Information dar, daher sendet Apple einen sechsstelligen Code an die anderen Applegeräte des Anmeldeversuchers, den man zuerst dort ablesen und dann am MacBook eingeben muss.

Allerdings ist auch das MacBook selbst ein „anderes Applegerät“ und erhält daher den Code. Es poppt also direkt vor der Loginseite, die durch den zweiten Faktor (also den Code) gesichert wird, ein Fenster mit dem Code auf, den man dann auf der Loginseite eintippselt.

Außerdem gibt es ein Kästchen, das man abhaken kann, um sich das Theater in Zukunft in „diesem Browser“ zu ersparen. Ich sag’s gleich: Das Kästchen bewirkt lediglich, dass es bei allen weiteren Versuchen bereits abgehakt ist. Das ist Zweifaktorauthentifizierung bei Apple, auch bekannt als zweiter Freiheitsgrad.

Nun ist man endlich drin und stellt enttäuscht fest: Das AirTag ist nirgends. Im selben Applekonto auf dem iPhone ist es da, auf dem MacBook nicht. Das ist der dritte Freiheitsgrad, an dem auch weitere fünf Versuche nichts ändern.

Schließlich kann man das AirTag auch mit anderen teilen, damit diese ebenfalls nachschauen können, wo das Ding ist.

Allerdings nur, wenn Apple das gut findet. Andernfalls kommt die Meldung, dass der Betreffende „möglicherweise ’Wo ist?‘ nicht verwendet“. Diese Meldung erscheint durchaus auch, wenn der Betreffende „Wo ist?“ sehr wohl verwendet. Aber sicherheitshalber darf man das Tag dann nicht teilen, weil der Betreffende vielleicht nichts davon hätte. Das ist der vierte Freiheitsgrad. Ein engstirniger Android- oder Windowsprogrammierer käme vielleicht auf die Idee, das Teilen zu gestatten und es dann dem User zu überlassen, ob er das Ding mit seinem Gerät orten kann. Aber in der schönen freien Welt von Apple wäre das gemein. So, meine Lieben, sieht es in dem aus, was vor ein paar Jahren wenigstens noch ein goldener Käfig war. Schönes Wochenende!

Freitag, 6. Dezember 2024

Newsflash


Dass wir immer mehr von allem brauchen, o konsumbewusste Lesehäschen, ist ja kein Geheimnis. Mehr Wohnraum, mehr Fleisch, mehr Airbags und mehr Verständnis von unserer Umgebung dafür, dass wir all dessen bedürfen.

Wovon wir aber ganz besonders viel verschleißen, ist Vergangenheit. Euer ergebener Graukopf weigert sich zu glauben, es sei nur seinem Alter geschuldet, dass er es kurios findet, wenn Dinge nach zehn Jahren schon zum ersten Revival anstehen. Früher war nicht alles besser, aber die Reifezeit bis zur Nostalgie war länger. Ein Hauch der eigenen Verwesung weht einen an, wenn man feststellen muss, dass ein Trend wieder da ist, während dessen erster Inkarnation man schon Vater war.

Journalistische Bequemlichkeit verstärkt diesen Effekt noch. Denn wenn man früher nicht wusste, was schreiben, dann verbreitete man sich über die interessanten Interessen der „jungen Leute“ oder suchte etwas länger nicht Benutztes aus der Lade mit den Fotos von Nessie.

Heute schaut man sich stattdessen ein paar Folgen einer Serie von vor zehn, fünfzehn Jahren an und erklärt dann dem interessierten Publikum, dass die „echt schlecht gealtert“ sei. Das liegt dem Journalisten zufolge niemals daran, dass das Erzähltempo quälend zäh ist oder dass die Tricks lächerlich sind, sondern immer daran, dass die Serie nicht die heutigen Standards von politischer Korrektheit erfüllt, die der Journalist für angemessen hält.

Deshalb an dieser Stelle ein Geständnis und eine Erklärung: Euer Ergebener erzählt manchmal im vertrauten Kreis Witze, die er in größerer Runde nicht zum Besten geben würde. Weil er unter bestimmten Umständen sicher sein kann, dass die Zuhörer ihn gut genug kennen, um zwischen einer Unkorrektheit des Witzes und der prinzipiellen Korrektheit des Erzählers zu unterscheiden. Denn der Zweckdichter traut seinen Freunden diese Klugheit der Trennschärfe zu. Wer sich hingegen beschwert, dass „How I Met Your Mother“ nicht so geschrieben ist, wie ein zur Selbstzensur neigender Autor heute eine Comedyserie schreiben würde, kann sich auch darüber aufregen, dass Clawdia Chauchat im Zauberberg eine doch sehr passive Rolle im Vergleich zu den herummännernden Philosophen kriegt oder dass Penelope nur daheim an ihrem Teppich frickelt, während Odysseus all die coolen Abenteuer erlebt. Denn, liebe Glossanten: Heute ist nicht gestern. Gestern war manches anders. Wissen wir, sind keine News. Schönes Wochenende!