Freitag, 8. November 2013

Fachtermini


Wie jeder Beruf, so erzeugt auch der unsere seine Fachtermini. Manche haben wir von anderen Branchen erbeutet, ein paar gehören nur uns. Dabei ist, wie immer, Klarheit wichtiger als Political Correctness. Das Hurenkind z.B. haben zwar die Drucker hervorgebracht, doch heißt es immer noch Hurenkind, weil "Spross einer Dame von verhandelbarer Zuneigung" einfach nicht dasselbe ist (Dank an Terry Pratchett).
Wir selbst kennen die harmlos benamste "Text-Bild-Schere": die auf den Begriff gebrachte Gratwanderung, die funktionierende Werbung ausmacht. Die Divergenz von Text und Bild darf nicht so groß sein, dass der Betrachter heillos verwirrt ist. Ist sie aber zu gering, dann fragt er sich, wozu er seine Zeit damit verschwendet hat, den Text zu lesen (was, wir wissen es, selten genug geschieht). Es liegt in der Natur der Sache, dass die Schere sich von ganz wenig bis unendlich weit öffnen kann. Letzteres liegt z.B. gelegentlich in den Sujets des CS Hospiz Rennweg vor, zumindest, soweit es mich betrifft.
Wie gesagt: Die Text-Bild-Schere kennen wir alle. Wie aber nennt man den Spezialfall, dass sie völlig geschlossen ist? Viele unserer jüngeren Kolleginnen und Kollegen wissen das nicht mehr, wie ich feststellen musste, deshalb hier die Auflösung, garantiert frei von Political Correctness: Eine völlige langweilige Übereinstimmung von Bild und Text nennen wir "Neger vor Hütte".
"Warum so ein schiacher Ausdruck!?" höre ich es entsetzt aus den hinteren Reihen quieken. Gemach, gemach: Es ist nicht so schlimm, wie es sich anhört. Die Wendung geht zurück auf ein bestimmtes Genre von ethnologischer Schreibe, die bis in die 1950er Jahre gängig war. In einschlägigen Büchern war es ganz normal, das Bild eines Afrikaners vor seiner Hütte zu sehen, mit der treuherzigen Bildunterschrift "Neger vor Hütte". Autoren dieses Schlages vermuteten wohl, ihre Leserschaft habe schon genug zu kiefeln an der Tatsache, dass es Neger gibt und dass manche in Hütten wohnen, und wollten sie nicht mit tiefergehenden Informationen überfordern.
Geringgeschätzt wird dabei nicht der abgebildete Schwarze, sondern der Autor, dem nichts Besseres eingefallen ist.

Dürfen wir den Ausdruck also weiterhin verwenden? Wenn ihr mich fragt: aber ja! Es sei denn, einer von euch hat einen besseren Vorschlag. Das war's für heute, bis zum nächsten Mal.

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