Freitag, 24. Oktober 2014

Trauerarbeit


Meine hochverehrten und mir sehr teuren Lesehäschen und –rammler! Ich kann nicht sagen, dass ich mich freue, euch heute hier versammelt zu sehen. Ist doch der Anlass, der uns hergeführt hat, ein zu betrüblicher, um von Freude zu sprechen. Ich darf euch aber versichern, dass eure geschätzte Anwesenheit zumindest meinen Schmerz zumindest lindert, zumindest so sehr, wie es eine mittelständische Portion guten Whiskys täte.

Nun denn, ihr Schätzbaren, wir haben uns zusammengefunden, um dem nie erhaltenen Briefing die letzte Ehre zu erweisen. Vielleicht ist es auch die erste Ehre, denn wie gesagt: Dieses Briefing haben wir nie erhalten. Dabei gab es einst zu den schönsten Hoffnungen Anlass. Der Anfang von einem schönen Ende hätte es sein können, das Sprungbrett zu einer Trophäe, vielleicht sogar – man darf schließlich Träume haben – zu einem Lob vom Kunden!

Doch ach! das Briefing haben wir nie erhalten. Stattdessen ward uns das Zweitbeste, und selten spürt man so wie hier die Wahrheit der Sentenz, dass der Zweite der erste Verlierer ist. Denn das Zweitbeste war eine Idee. Ideen vom Kunden gibt es, wie man weiß, in zwei Geschmacksrichtungen: schlecht (schlimm) und gut (vielleicht noch schlimmer). In diesem Fall war es eine schlechte. Doch eine schlechte Idee auf Kundenseite ist wie ein Kuckucksküken. Liegt sie erst einmal im Nest, haben die andern Insassen bald nichts mehr zu lachen. Hinten schubst sie mit ihrem kräftigen Bürzel die berechtigten Einwände in den Abgrund, während sie vorne den Schnabel weit aufsperrt und herzzerreißend „Budget! Budget!“ piepst.

Das Briefing hätte diese traurigen Szenen verhindern können. Doch ach! Wir haben es nicht erhalten.

Stattdessen ist die Kuckucksidee groß und fett geworden und hat sich zum (pro Stück) teuersten Mailing des Jahres ausgewachsen.

Darum, liebe Freundinnen und Freunde, lasset uns kurz in Stille verharren und hoffen, dass das nächste Briefing bis zu uns durchkommt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen