Freitag, 23. Januar 2015

Von Fall zu Fall


Das neue Jahr ist mittlerweile schon ein bisschen angegrabbelt und ausg’wäudelt, es zwickt nicht mehr wie ein frischgewaschenes Paar Jeans, sondern wir haben uns darin heimisch gemacht, Konturen hinterlassen und zarten Eigengeruch verbreitet. 2015 ist jetzt eines von unseren Jahren.  In so ungefähr plusminus grob gesagt 340 Tagen legen wir es zu den andern und schlüpfen in ein neues. Dass das genau dann geschehen wird, verdanken wir bekanntlich Gregor XIII., seines Zeichens Papst. Grund dafür war (für alle, die nicht selber googlen wollen), dass im bis dahin gewohnten julianischen Kalender die tatsächlichen und berechneten Daten für Sonnen- und Wintersonnenwenden bzw. Equinoktien einerseits und Vollmonde andererseits nach verschiedenen Richtungen auseinanderklafften, sodass Ostern sich nicht mehr gescheit berechnen ließ.

Doch das braucht uns nicht zu kümmern, das Datum gibt sich von selbst (ha! Deutsch-lateinisches Crossover-Wortspiel!). Hier und jetzt ist wichtiger, dass wir den pünktlichen Jahreswechsel ihm, dem Gregor, verdanken, nicht etwa seiner, des Gregors. So weit, so klar – „verdanken“ strebt dem Dativ zu.

Schweifen wir aber vom Verb zur Präposition, fängt es an zu schillern. Denn nun kann das Jahr plötzlich sowohl dank ihm wechseln wie dank seiner. Wir sehen der Sprache zu, wie sie eine neue Wortblüte treibt. Denn „dank“ als Präposition ist noch jung, der Goldstandard älterer deutscher Wortsammlung, das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm, kennt es nicht. Das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache nennt das späte 19. Jahrhundert als Geburtszeit des Wortes, natürlich als Ableitung vom substantivischen Dank und daher ebenso natürlich wie dieser mit dem Dativ verknüpft: „Dank sei mir, dass ich jeden Freitag was ins Subkutan schreibe.“

Doch warum kann dann das Jahr auch dank Gregors wechseln, warum kann ich dank meiner Finger tippen und nicht nur dank meinen Fingern? Anscheinend ist „dank“ ein antizyklisch eitles Ding. Denn anfangs war es wohl mit dem Dativ f. z.*. Mittlerweile geht es aber immer wieder einmal mit dem Genitiv fremd, das kleine Flitscherl. Echt, bei manchen Wörtern fragt man sich, wieso immer wieder Fälle drauf reinfallen.

Die Flatterhaftigkeit von „dank“ bestätigen sowohl Wiktionary wie Duden. Seltsamerweise scheint der Genitiv allmählich Oberwasser zu kriegen, obwohl doch der Dativ dem Genitiv sein Tod sein soll. Das geht so weit, dass Kunden bei „dank“ mit dem Dativ anfangen nachzufragen, ob da nicht ein Genitiv gehöre? Nein, liebe Kunden, das muss nicht sein. Wenn ihr unbedingt einen Genitiv haben wollt, schreiben wir gerne einen hin. Mit dem Dativ ist uns allen aber mindestens genauso gut gedient.

Soviel dazu. Das Feedback der Woche besteht aus folgendem Textinput: 

Der Anfang von Effizienz beginnt ... 

Immerhin war es keine Korrektur, sondern bloß ein Input.

Und auch die politisch Korrekten haben eine neue Perle vor mich undankbare Sau geworfen. Wie ich dem gestrigen Standard entnehme, sind Menschen, denen es am Nötigsten mangelt, heute nicht etwa mehr arm. Denn anscheinend hatte jemand das Gefühl, „arm“ schiebe den Betroffenen die Schuld an ihrer Lage zu. Deshalb wurde sich ein Attribut überlegt, das dieses unerwünschte Missverständnis verhindert. Die bisherigen Armen sind nunmehr „armutsbetroffen“. Ah ja. Damit sind sie immerhin viermal so reich an Buchstaben wie zuvor.

*FZ: fix z’samm

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen