Ein
neues Jahr, das ist ein Setzkasten
voller neuer Chancen, liebe Lesehäschen. Eines von euch hatte im Rahmen
einer kleinen, informellen Montagvormittagsumfrage die einzigartige und eines
Tages sicher derart mit Sammlerwert beaufschlagte Möglichkeit, dass man sich
nur noch an den Kopf greifen kann – also die Möglichkeit, das Thema der
heutigen und also ersten 2016er-Kolumne entscheidend
zu beeinflussen.
Doch
wie das schon so ist, man könnte einmal so richtig hinlangen, und dann weiß man
nicht, wohin eigentlich. Wir haben uns dann darauf geeinigt, dass Neujahrsvorsätze für eine
Jahresanfangskolumne schon ziemlich abgegriffen sind. Das wird es also nicht,
und darüber bin ich froh, schon deshalb, weil ich nie Neujahrsvorsätze fasse. Irgendwie
komme ich nicht dazu. Manchmal überlege ich, ob ich mir nicht was vornehmen
sollte, aber ehe ich mich entschieden habe, ist schon Neujahr. Da ist dann die
Luft draußen aus der Vorsätzefasserei. Sogar das Rauchen habe ich mir einst
abgewöhnt, ohne mir dies fünf Wochen vorher vorgenommen zu haben. Ich überlege
gelegentlich, ob ich nicht wieder anfangen sollte, aber zu einem entsprechenden
Neujahrsvorsatz hat es auch hier nicht gereicht.
Liegt
etwas im Talon? Ei freilich. Das Genderthema
lässt uns nicht aus seinen Samtpfötchen. Schon vor Weihnachten wurde der
schätzbare Filmschaffende Todd Haynes in einem Standard-Interview anlässlich des Kinostarts von Carol mit den Worten „meine
lesbischen Freunde“ zitiert. Natürlich ist davon auszugehen, dass er
selber von „my lesbian friends“ gesprochen hat, was ja vollrohr in Ordnung
geht.
Aber
was hat den Interviewer (da kein Übersetzer genannt wird, nehme ich an, dass
Herr Kamalzadeh sich selbst darum gekümmert hat) bewogen, die „Freunde“ da hinzustellen?
Vielleicht
muss man etwas weiter ausholen. Nämlich war es ja früher so (als das Wünschen
noch geholfen hat, Volksschulkinder vom Lehrer gelegentlich um ein Packl Tschik
geschickt wurden und man bei der Einfahrt in einen Tunnel eigenhändig die
Scheinwerfer einschalten musste), dass sich mit der männlichen Form alle
anderen Genders mitgemeint fühlen durften bzw. zu fühlen hatten. Später suchte
man nach Möglichkeiten, dieses Mitmeinen sichtbar auszudrücken (um die Sprech-
und Hörbarkeit wird sich in diesem Zusammenhang traditionell nicht geschert).
Es kamen das Binnen-I, die
nachgestellte Endung mit
Bindestrich, das Sternderl und was
es halt noch für Gender-Anhängsel gibt.
Und
jetzt? Jetzt wird dieses genderistische Gießkannenprinzip als unbefriedigend
empfunden (zumindest von Herrn Kamalzadeh). Mit feiner Ironie ordnet er den
Lesben die männliche Endung zu, die sie sich als Verehrer (oder doch
Verehrerinnen?) weiblicher Reize redlich verdient haben, redlicher zumal als
die Männer, dieses Hodenpack.
Zweite
Möglichkeit: Es gilt die rein weibliche Zuschreibung von „lesbisch“ gendergerecht aufzulösen, so wie im Englischen „gay“ Homesexualität in beiderlei
Gestalt meint, was bei „schwul“ nicht
breitenwirksam gilt. Vielleicht hat Herr Haynes überhaupt von „gay friends“ gesprochen, wer weiß?
Dritte
Möglichkeit: Ist bloß so durchgerutscht. Schade.
Sehr
gut aufgepasst hat jemand auf Kundenseite, und umgehend das Feedback der Woche geliefert:
Gehört da ein „Doppelpunkt“?
Auch
wenn grade mal Dreikönig vorbei ist, wage ich zu behaupten: Wenn wir heuer noch
einmal derart graziöse Gänsefüßchen zu sehen kriegen, können wir uns fürwahr
glücklich schätzen.
So,
das wär’s für heute. Einen Vorsatz für 2017 habe ich jetzt auch schon: Gutes
Thema für die erste Kolumne überlegen! Die gibt’s dann allerdings erst am 13.
Jänner, weil die Feiertage nächstes Mal echt doof fallen.
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