Jetzt
mal ohne Flachs, meine streichelweichen Lesehäschen: Früher war nicht alles besser. Gelegentlich stelle ich aber nicht
ohne Wehmut fest, dass früher etwas anders war.
Zum
Beispiel war das Wetter früher
entweder so, dass man draußen sitzen konnte, oder eben nicht. Die Grenze musste
natürlich jede für sich selber ziehen, was gelegentlich für Diskussionen
sorgte, denn wo die eine gerade mal
anfängt, die frische Luft so richtig zu genießen, richtet sich die andere schon
den Blasentee her. Stets aber stand auf
der einen Seite der Gleichung das
aktuelle Wetter, auf der anderen die persönliche Befindlichkeit. (Diese ist
gewiss auch kulturell bedingt. So habe ich in Australien Menschen bei
Temperaturen draußen sitzen sehen, wo man hierzulande damit rechnen würde, an
der Talstation eine Steppdecke für die Bergfahrt im Sessellift ausgehändigt zu
bekommen.)
Mittlerweile
steht auch etwas in der Mitte der Gleichung: der Heizstrahler. Ich vermute, dass das eine richtig vertrottelte Idee
ist. Aber der Reihe nach. Vor ein paar Tagen (also Anfang März) hatte ich nach
längerer Pause mal wieder Gelegenheit, eine abendliche Runde durch die Wiener
Innenstadt zu drehen. Vor jeder zweiten
Schluckhütte standen schon die Tische und Sitzgelegenheiten, und ihr könnt
getrost wetten, dass hier kein Wirtschaftswunder-Schani „den Garten auße“ getragen hat, weil Zeugen übereinstimmend
berichtet hatten, dass in Sievering tatsächlich schon der Flieder blühe. Tut er
nicht, hat er nicht, hier wurde vielmehr beinhart kostennutzengerechnet. Denn
jeder, wirklich jeder dieser sogenannten Schanigärten wird von ganzen
Heizstrahlerbatterien auf Temperatur gebracht.
Herrschaften,
so geht das nicht. Einst hat man uns voraddiert, wie viele Atomkraftwerke nur
laufen, weil wir alle zu blöd sind, unsere diversen Elektrogeräte richtig
auszuschalten anstatt nur auf Standby.
Sagen
wir mal so: Wenn im 1. Bezirk während des kalendarischen Winters keiner draußen
säße, könnten wir Bohunice gleich abdrehen.
Nicht
zu vergessen, dass es ja von unten trotzdem herauffeuchtelt, sodass die
Krankenkassen belastet werden. Bevor jetzt einer mit „Schneekanonen sind auch böse“ oder sowas kommt: Wir befinden
uns ungefähr auf dem 48. nördlichen
Breitengrad. Dass hier Anfang März Schnee liegt, ist gewiss weniger
außergewöhnlich, als dass man um dieselbe Zeit abends um 20 Uhr draußen sitzen
kann. Entweder hat man die Eier (beziehungsweise, wenn ihr mich fragt: das
gestörte Kälteempfinden), dass man trotzdem draußen sitzt, oder man setzt sich
verdammt nochmal hinein.
Das
Raucherargument zieht bei mir
übrigens nicht. Wenn die Raucher
drin nicht rauchen dürfen, heißt das noch lange nicht, dass wir für
Komforttemperaturen in der ganzen Fußgängerzone zu sorgen haben. Es heißt
vielmehr, dass die Damen und Herren Raucherinnen und Raucher sich ordentlich
anzuziehen haben, so wie ich das zu tun
pflegte, als ich noch zu ihnen gehörte.
Aber
dazu reicht es ja auch schon nicht. Ich sehe ständig Menschen, die bei leichtem
Nieseln in Chucks durch den urbanen
Spätwinter wackeln. Haben die kein Fenster, dass sie zuhause aufmachen können,
bevor sie rausgehen, damit sie sich dann denken „ui, schon ziemlich harsche Wetterlage für eine Fußbekleidung, die
ursprünglich fürs Hallenturnen in den Subtropen entworfen wurde, ich ziehe doch
lieber richtige Schuhe an, bin doch nicht blöd“? Diese infantile
Indifferenz gegenüber meteorologischen Fakten kannte ich bisher von Drei- bis-
Sechsjährigen: „Ich will aber den
Blümchenrock anziehen!“
Aber
dass erwachsene Menschen ganz selbstverständlich erwarten, dass man ihnen die Welt
schon anwärmen wird, weil sie halt unbedingt blablabla – so werden wir den
Klimawandel garantiert nicht stoppen, Herrschaften.
Von
ähnlich hohem Reflexionsgrad zeugt das Feedback
der Woche:
„Such den Fehler.“ – „Magst du uns nicht
einfach sagen, wo noch ein Fehler ist?“ – „Nein.“
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