Ich
bin ja politisch weitgehend ahnungslos. Der letzte Politiker, der mich zu
fesseln vermochte, war Fred Sinowatz,
der einst ein Veranstaltungslokal mit den Worten eröffnete, er wisse nicht, was
er da eröffne, aber er eröffne es. Anlässlich des bundesdeutschen Wahlsonntags
habe ich aber ein bisschen gegooglet, was die AfD so äußert. Über die AfD weiß
ich ja nur, dass ihr Mitbegründer Bernd "Zauberlehrling" Lucke schreiend davongelaufen ist, als
ihm klargeworden ist, was für einem Besen er da Leben eingehaucht hatte.
Nun
stellt sich natürlich die Frage: Wie
halten es die AfD-Rechten mit ihrer Muttersprache? Von den österreichischen
Hütern abendländischen Volkstums wissen wir ja, dass ihre Liebe zum Deutschen
unerwidert bleibt, weil sie es für einen inspirierten Anmachspruch halten, der
Sprache unter den Rock zu greifen (ja, diese Formulierung habe ich von Karl Kraus geklaut, weil sie zu gut
ist, um sie hier nicht anzubringen).
Und
die AfD? Gleich vorweg: Über das Deutsch der AfD zu kolumnieren heißt, tiefhängende Früchte zu pflücken. Sehr
tiefhängende sogar. Aber bevor sie schlecht werden, greife ich doch zu.
Alsdann:
Vorstandsmitglied
Alice Weidel berichtet von einer Wahlveranstaltung in Baden-Württemberg, die
von jemandem gestört wurde: Auf die
Aufforderung, dies über Gebühr zu unterlassen, wurde er gewalttätig. Ohne
den Mann pauschal verteidigen zu wollen: Ich verstehe, dass jemand hinhaut,
wenn er zu hören bekommen hat: „Unterlassen
Sie das über Gebühr.“ Was soll denn das heißen? Hatte er sich
untergebührlich verhalten?
Frau
Weidel hatte aber andere Sorgen, weil anscheinend eine Zeitung die
AfD-Wahlveranstaltungshinweise trotz vorheriger Zusage nicht mehr abdrucken
wollte. Dies lasse „um unseren
gesellschaftlichen Zustand tief blicken“. Wir ersehen daraus, dass man bei
der AfD einen günstigen Knick in der Optik hat, der es gestattet, um Dinge
herumzublicken, und dann auch gleich in die Tiefe. Ich stelle mir das sehr
praktisch vor.
Nicht
so recht in die Tiefe blickt man hingegen, wenn es um die Zukunft der
Finanzpolitik geht. Die Vorsitzenden
Frauke Petry und Jörg Meuthen sagen wohl klipp und klar: „Die AfD wird
alles daran setzen, dass diese fatale Politik so nicht weitergeführt wird.“ Doch wie sie die fatale Politik weiterführen
wollen, wenn nicht „so“ – das haben
sie bisher nicht verraten. Leider fehlt ihnen offenbar die Entschlusskraft, mit
der fatalen Politik einfach
aufzuhören und stattdessen eine gescheite Politik zu machen.
Vielleicht ist ihnen etwas
Benebelndes zu Kopf gestiegen, steht doch in derselben Presseaussendung etwas
vom „momentanen
deflatorischen Druck“ infolge des Ölpreisverfalls. Vielen Dank an die
AfD für diese Bereicherung der Sprache um ein Wort, das uns bisher – obacht,
mieses Wortspiel! – abging. Deflatorisch
ist offenbar vom Flatus, dem
Darmwind, abgeleitet. Von der Deflation
kann deflatorisch nicht stammen, weil
die ein i mittendrin hat, auf dessen
Tüpfelchen herumzureiten sich in diesem Fall auszahlt. Wir alle wissen nur zu
gut, wie es sich anfühlt, wenn es nicht gelingen will, sich eines solchen
Flatus zu entäußern (worauf die Vorsilbe de-
verweist): Das drückt. Selbst
gestandene Sozialdemokraten haben die Befreiung davon schon mit den Worten „Der druckt mi nimmer!“ kommentiert. Der
deflatorische Druck in Finanzkreisen
dürfte also daher rühren, dass der gesunkene (bzw. von den Saudis gesenkte)
Ölpreis nach Ansicht der AfD ein Schas ist, der Deutschland schwer im
Darm liegt.
Wer davon so um den Schlaf gebracht
wird wie Frauke Petry, der kann man auch nachsehen, dass sie sich in Sätzen
verliert wie diesem: „Dass ihm [nämlich
Erdogan] jetzt wieder eine
Beitrittsoption eröffnet wird, ist glasklar eine Vorleistung, um den Handel
perfekt zu machen.“ Aha? Zuerst ist es eine Vorleistung, dann kommt der
Handel, aber mit der Vorleistung ist der Handel schon perfekt? Glasklar!
Klarer jedenfalls als die europäische
Geographie für den stellvertretenden AfD-Sprecher Alexander Gauland, der unter
dem Thema Hilfe für unsere kleinen
Nachbarstaaten mehr Unterstützung für Mazedonien
fordert. Oder ist hier ein Eroberungsfeldzug nach Südost bereits mitgedacht?
Notfalls wird Frau Petry halt wieder kalmieren: „Herr Gauland hat das nicht so wörtlich gemeint.“ Leider hat sie nachgesetzt: „Natürlich ist eine Krise, die das Land in
den Grundfesten zu erschüttern droht, kein Geschenk, sondern erschüttert jeden
Menschen, der sich um unser Land sorgt.“ Damit ist immerhin bewiesen, dass
sie sich im Internet auskennt, das in diesem Fall geschrieben hätte: „Erschütternde Krise ist erschütternd!“,
und zwar auch schon, wenn sie noch nicht erschüttert, sondern dies erst zu tun
droht.
Fazit: Nach einem
halben Stündchen Recherche befürchte ich, dass die AfD nicht nur eine
Alternative für Deutschland sein will, sondern auch eine Alternative zum
Deutschen. Da kann ich nur noch einmal Frauke Petry zitieren, die im Standard-Interview gesagt hat: Es würde mich besorgen, wenn es so wäre. Das
Witzchen mit besorgen macht ihr,
teure Lesehäschen, bitte jedes für sich. Ich will mir an der Dame bestimmt
nicht die Finger verbrennen.
PS: Die Zitate stammen, mit Ausnahme
des letzten, aus dem Pressebereich der AfD-Webseite.
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