Lassen wir das, teure und schöne Lesehäschen. Schweigen wir
von Herrn Gaulands Ansichten darüber, wenn die Deutschen gern als Nachbarn hätten.
Ich für mein Teil hätte am liebsten überhaupt niemanden in Rufweite, wenn es
die Sorte Nachbarn sind, deren lagergeschädigte Wärmepumpe mir ständig die
Ohren vollbrummt. Schätzbare Nachbarinnen hingegen, die sich mit meiner
Nachkommin gut vertragen und bei einem Bier etwas zu erzählen wissen, die dürfen
gerne auch mal in den Lüftungsschacht pofeln, das geht schon in Ordnung.
Ein noch tieferes Schweigen breite sich über die Wahlanfechtung
der FPÖ. Den Witz mit Blauwählern, Briefwahl und Alphabetisierungsquote macht
bitte jemand anderer.
Kürzlich ist mir eine Frage begegnet, die mir weit
interessanter scheint. Ich hatte ungefähr geschrieben, dass Weißwähler viel
Zeit auf die Entscheidungsfindung verwenden.
Das erfreulich kompakte Feedback enthielt den Wunsch, sie möchten diese Zeit für die Entscheidungsfindung verwenden.
Denn das bedeute ja dasselbe.
Wirklich? Mir scheint, „verwenden
auf“ sei die gängigere Formulierung, wenn das Verwendete nicht zählbar und
nach der Verwendung dahin ist. Auf etwas verwenden wir also meist
Mühe, Zeit, Geld oder Ähnliches. (Nein, Lesehäschen, Geld wird in der Regel
nicht gezählt. Wir zählen Euros oder Dublonen, nicht aber ein Geld, zwei Gelder
und so weiter. Selbst Lire haben wir ja damals nicht gezählt, sondern eher die Bündeldicke
geschätzt, wie wir es in Goodfellas gelernt
hatten, nur weniger cool.)
Für hingegen leihe sich, ebenso wie zu,
leichter, wenn die Nutzung eines Werkzeugs beschrieben wird: Wir verwenden
einen Kamm für die Fellpflege, eine
Bürste für die Flaschenreinigung, eine Schere für die Nägel, aber auch Geld für
die Miete, evtl. auch für ein
Projekt. Ich rate aber davon ab, Geld auf
die Miete, auf Essen oder
ähnliches zu verwenden. Auf scheint
mir ein Moment der Planung und des Risikos zu enthalten, die Miete oder Essen
nicht mitbringen. Das ist natürlich nicht damit zu verwechseln, dass ich mich
für dich verwende, damit du nachher aus dem Schneider bist (falls du zum
Beispiel beschuldigt wirst, deinem Nachbarn ins Beet gepinkelt zu haben, weil
dich seine Wärmepumpe genervt hat).
Soweit ich, neulich. Aber
stimmt das überhaupt? Und was ist mit den restlichen Präpositionen, die uns
mit „verwenden“ begegnen, allen voran
zu
und an?
Spontan hätte ich gesagt, verwenden zu
ähnelt verwenden für, indem es die Nutzung
eines Werkzeugs beschreibt. Ich verwende die Tastatur zum Tippen, das Hirn zum
Denken und die Verschwörungstheorie zur Erklärung des Wahlergebnisses. Verwenden an ähnelt stark verwenden auf – man verwendet Zeit an
eine Aufgabe oder Geld an ein Projekt. Aber was sagen die Autoritäten?
Sparen wir uns die dünnen Süppchen, die Wiktionary oder
Duden kochen, stürmen wir gleich das All-you-can-Semantik-Buffet der Grimms:
Auch sie kennen verwenden
schon in der Bedeutung benutzen/gebrauchen/aufwenden.
Und siehe: Sie listen säuberlich die jeweils kombinierten Präpositionen auf.
Als zum Beispiel: an (aber nur, wenn
es um Geld oder Besitztümer geht); zu
ebenfalls von Geld, Duden bezieht sich also offenbar auf einen älteren
Sprachgebrauch. Dann gibt es noch auf
und an, ebenfalls von Geldern,
seltener von Mühe, und natürlich für
– auch da geht es meist um Geldmittel. Auf
etwas, manchmal auch an oder zu etwas, verwendet man zu Grimmschen
Zeiten gern für ebendiese – die Zeit oder die Sorge, mitunter die Kräfte, die
Fantasie.
Material und Werkzeug verwenden die Brüder zu, seltener an oder auf etwas. Die
Nutzung von Werkzeugen als verwenden
ist offensichtlich jüngeren Datums. Merkwürdig, dass die im Deutschen
Wörterbuch am seltensten genannte Präposition für uns heute gerade am geläufigsten ist.
In aller Kürze: Mit
verwenden
für kann man wenig falsch machen. Nur wenn es um Zeit oder Mühe geht,
sind wir mit auf eleganter unterwegs.
Soviel dazu. Jetzt muss nur noch irgendeine EM-Mannschaft
endlich mal so spielen, wie ich getippt habe.
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