Habe ich, o teure Lesehäsinnen und -häschen, schon einmal
erwähnt, dass das mit der Erziehung
eine schwierige Sache ist? Beziehungsweise: Eh, aber.
Nämlich ist man bemüht, seinen Spross frühzeitig auf die
Qualitätsschiene zu steuern, damit die o! so knapp bemessene Lebenszeit umso
freudvoller genützt werde. Was quassle ich da? Ganz einfach: Es ist eh okay,
sich ab und zu Dosenravioli oder
einen Käsekrainerhotdog in die wohlgestalte Figur zu pressen. Man sollte das
aber als den derben Genuss nehmen, der es ist, und entsprechend würdigen. Damit
das gelinge, muss man wissen und geschmeckt haben, dass es auch Carpaccio gibt,
Räucherforelle, selbstgemachte Gnocchi oder selbst eingekochtes Chutney.
Man ist also bestrebt, das Kind mit kulturellen
Hervorbringungen zu eichen, die von der Zeit schon erfolgreich auf die Probe
gestellt worden sind. Man stopft den Nachwuchs mit hochwertigem Zeug voll,
damit er die Qualität der nachrückenden Neuware beurteilen kann. Wer die Goonies oder Zurück in die Zukunft oder auch Der
Clou kennt, wird über Harry Potter
und der Stein der Weisen vielleicht, nein: hoffentlich anders denken als
jemand, die mit einer Diät aus Disneyfilmen der letzten sechs Jahre noch nicht
groß, aber größer geworden ist. Das Problem ist, dass ganz von selbst ein Zielkonflikt entsteht. Denn es gibt
immer mehr von den Dingern. Von den kulturellen Meilensteinen, meine ich.
Daher muss man sich irgendwann fragen, ob es genug ist. Hat
der Nachwuchs jetzt schon ausreichend Lindgren, Hitchcock, Falco intus, um bei
Thomas Brezina oder Seiler & Speer nicht begeistert auszurasten? Oder hat
es vielleicht in den 40ern noch viel tollere Filme gegeben, die unsereins nur
nicht auf dem Radar hat, weil das Sonntagnachmittagsfernsehen halt eher erst
nach 1950 eingesetzt hat? Oder in den 1930ern? Gar den 1920ern? Mit Musik und
Büchern ist es natürlich noch schlimmer, denn die wurden glaubich schon 1830
erfunden, oder so. Man könnte ein ganzes Leben damit verbringen, sich anhand
der Klassiker auf die jüngsten eventuellen Großtaten in Literatur und Film
vorzubereiten, ohne jemals bis zu diesen vorzustoßen. Das wäre blöd, denn es
könnte einem ja doch was entgehen, der Erfahrung zum Trotz, dass früher alles
besser war. Es verkompliziert die Sache, dass man ja nicht weiß, wieviel Zeit
einem noch bleibt. Mir zum Beispiel gibt die Statistik Austria noch knapp 34 Jahre. Doch dieser Wert wird mit
der Zeit steigen. Hätte ich von den 34 Jahren bereits 30 hinter mir (und wäre
also 30 Jahre älter), dann gestünde mir die Zahlentafel nicht noch vier Jahre
zu, sondern elf. Wer bereits bewiesen hat, dass er länger lebt, bei dem ist zu
erwarten, dass er nicht so bald damit aufhört. Wäre ich 40 Jahre älter, dann
blieben mir noch fünf, und wäre ich schon 99, dann hätte ich statistisch immer
noch zwei Jahre vor mir. Aber natürlich kann einem jederzeit ein statistisch
unerheblicher Dachziegel auf den
Kopf fallen, und dann ist die ganze schöne Planung perdu. Da hilft nur eines: Vertraue darauf, dass du ein langlebiges
Kind hast, und weide dich an seinem Gemotschker, weil es sich schon wieder mit
dir unverlierbare Kulturschätze reinpfeifen muss, anstatt sich bei Bibi und Tina wegzukudern.