Freitag, 5. Mai 2017

Spam

Lesehäsinnen und –häseriche, früher war alles besser. Sogar das Schlechte kann mit der Zeit schlechter werden, oder zumindest mieser. Worum es geht? Ich habe eine neue und zutiefst enttäuschende Spielart der Gaunerei entdeckt. Wir alle kennen und lieben ja den klassischen Trickbetrug, unsterblich geworden durch jenen Film mit Paul Newman und Robert Redford. Sein Fundament ist die verbrecherische Energie des Opfers: Ihm wird vorgegaukelt, er (meist waren es Männer) könne auf unlautere Weise viel Geld verdienen. Danach erleichtert man ihn um das seine. Mit dem Internet kam, weniger glamourös, aber auf denselben Grundlagen des Ewigmenschlich-Kriminellen ruhend, der Nigeria-Scam, auf den ab und zu sogar jemand reingefallen ist.
Diese Zeiten sind offenbar vorbei. Soeben ist ein Mail durch den Spamfilter gerutscht, in dem ein Herr Reed, Parker Reed, mir einen Aktientipp zuflüstert. Ich solle Anteile von Quest Science Management Gate erwerben, so viele ich nur kriegen kann, denn übermorgen wird die Firma von einem Pharmariesen geschluckt, und zwar für mehr als das 20-Fache ihres aktuellen Kurswertes.
Hier könnten die Alarmglocken schrillen, denn laut Herrn Reed steht die Aktie bei 80 Cent, der Übernahmepreis liege bei 23 Dollar. Das wäre beinahe das 30-Fache, und warum sollte sich Herr Reed die Gelegenheit entgehen lassen, die Qualität seines Tipps in noch lichtere Höhen zu schrauben?
Die Alarmglocken schrillen aber nicht, die sind noch müde vom Anfang. Da haben sie sich echt was weggebimmelt, dass mir die Ohren klingen. Herr Reed eröffnet nämlich mit der Versicherung, er habe über die Jahre viel für mich geleistet, und ich hätte dadurch irre viel Kohle gescheffelt (made an insane amount of profits listening to me). Der Kenner bemerkt, wie ich im zweiten Teil des vorigen Satzes den Konjunktiv II statt I gesetzt habe, weil der Einser dem Indikativ geglichen hätte. Aber ich schweife ab. Wie armselig ist das bitte als erster Akt eines schlingelhaften Unterfangens? Du hast mir zu großen Profiten verholfen? Ehrlich, Parker, alte Socke, wenn ich blödsinnig viel Geld mit Aktienspekulationen verdient hätte, könnte ich mich zumindest vage daran erinnern. Offenbar haben wir es mit einem Betrüger zu tun, in dessen Beuteschema man nur mit einem totalen Gedächtnisverlust Eingang findet.
Und was ist das Ziel der Veranstaltung? I expect a big thank you and and an invite for steak this weekend. Der arme Parker versucht eine Spam-Schiene aufzuziehen, deren prospektive Opfer nicht nur extrem leichtgläubig, sondern auch extrem vergesslich sind, und alles, was dabei für ihn herausschauen soll, ist eine warme Mahlzeit?
Vielleicht sollten wir alle zusammenlegen, damit er uns nicht vom Fleisch fällt.

(Ja, ihr Topcheckerhäschen, ich weiß schon: Es geht natürlich nicht um das Steak. The beef ist eben nicht dasselbe, sondern das sind die Aktien, die ich kaufen soll. Aber ich soll sie auf den Rat eines Menschen hin kaufen, der behauptet, er habe mich mit seinen Börsentipps reich gemacht. Was, da verrate ich jetzt kein Geheimnis, nicht der Fall ist. Genauso gut könnte der gute Parker auf der Straße wildfremden Leuten um den Hals fallen und behaupten, er sei ihr verschollener Bruder. Bitte, Parker, ich lasse mich ja betrügen. Aber tu wenigstens so, als ob du dir Mühe gäbest.)

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