Freitag, 7. Juli 2017

Berufswunsch


Hand hoch, frischgebackene Lesehäschen: Wer ist jetzt endlich mit der Schule fertig und überlegt sich, was es werden will? Kürzlich habe ich zu meiner großen Freude das Selbstporträt eines Zehnjährigen gelesen, der als Berufswunsch angab: Wenn ich groß bin, werde ich ... in einem Büro arbeiten. Way to go, junger Freund!

Nun hat die Büroarbeit sicher viel für sich (Dach überm Kopf, beheizt, keine schweren Hebearbeiten). Wer aber mehr erleben will, der zieht vielleicht eine Laufbahn bei der Wiener Polizei in Betracht. Und sieh da: die „sucht Nachwuchs“ (laut Update vom 13. Februar 2013, aber was soll’s, Polizistinnen werden sicher immer gebraucht. Außerdem habe ich läuten hören, dass nicht wenige hoffnungsfrohe Kandidatinnen an der Rechtschreibprüfung scheitern. Also fleißig BamF lesen und gelegentlich ins Archiv schauen!).

Jetzt ist natürlich die Frage, was einen dort erwartet. Diebe stellen? Verkehrssünder ermahnen? Leben retten? Auch, aber nicht nur. Dies lehrt uns folgende Anekdote aus der Welt der Privatschulen.

In einem Wiener Park haben Zehnjährige, denen beim Schulabschlusskränzchen fad war, eine Runde Fußball gespielt. Damit waren sie nicht allein, denn nahebei spielten andere Buben (vielleicht gleich alt, vielleicht ein, zwei Jahre älter, jedenfalls hatten sie Migrationshintergrund, im Gegensatz zu den obgedachten Zehnjährigen mit Immatrikulationshintergrund) ebenfalls Fußball. Dabei unterlief ihnen irgendwas, das die Zehnjährigen lächerlich fanden.

Lasset uns an dieser Stelle innehalten.

Ich weiß ja nicht, wie flauschig eure Kindheit war. Aber wenn ich in einem mir nicht vertrauten Park gespielt hätte, und daneben hätten mindestens gleich große Buben gespielt, die dort offenbar öfter zugange waren, und einem wäre etwas unterlaufen – also, ich hätte mir gut überlegt, ob ich mir da einen Lacher auskommen lasse.

Jedenfalls wundert mich die nächste Szene nicht im Geringsten: Zehnjähriger Immatrikulant wird von Nachwuchsmigranten in den Schwitzkasten genommen und geboxt.

So weit, so vorhersehbar. Und dann? Opfer läuft zu Eltern und erhebt Klage. Immer noch vorhersehbar.

Aber jetzt: Mehrere Väter springen wie ein Mann auf, stellen die Täter und zwingen sie zu verharren.

Worauf galt es zu warten?

Passt auf: Wenn 2017 ein noch nicht einmal halbwüchsiger Rabauke gegenüber einem etwas ungeschickten beinah Gleichaltrigen handgreiflich wird, weil der im falschen Moment gelacht hat, dann ist das keine zweifellos rauhe, aber trotzdem stichhaltige Lektion des Lebens, sondern der Anlass für einen Polizeieinsatz. Ja, im Ernst. Übrigens versuchten die Beschuldigten sofort, den Spieß umzudrehen, weil die Väter sie ja handgreiflich zum Bleiben gezwungen hatten. Glücklicherweise erwiesen sich die Amtsorgane (denen mein ganzes Mitgefühl gilt) als die Besonnensten, sodass es ihnen gelang, die Situation zu entschärfen.

Daraus erhellt auch, warum die Polizei Nachwuchs sucht. Wäre es in meiner Kindheit üblich gewesen, vorpubertäre Rangeleien durch die Exekutive klären zu lassen, dann hätte die am besten gleich eine Wachstube im Internat eröffnet und sich viel Wegzeit erspart.

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