Teure Häseriche, kluge Lesehäsinnen, wir in der Wolle
gefärbten Linkswähler-und-Rechtsverdiener, a.k.a. „grüne Stammwählerzielgruppe“,
ich bringe euch, lange vor Weihnachten, gute
neue Mär! Denn ihr wisst, euer Kolumnator ist sich für keinen Job zu
schade, wenn es der Wahrheitsfindung dient: Ich habe einen Blick auf die
Wahlplakate geworfen, damit euch das erspart bleibt. Das Ergebnis ist
verblüffend: Die Grünen haben die beste, klügste, großartigste Kampagne der
Welt geliefert.
Wenn man als Partei eine anspruchsvolle Zielgruppe anpeilt,
erzeugt man damit ja eine Aporie (das
ist sowas wie ein logisches Umspringbild) die den Grünen immer schon bewusst
war: Frei nach Groucho Marx, der
meinte, er würde niemals einem Club beitreten, der einen wie ihn als Mitglied
aufnähme, ist den Grünen einerseits kein Wähler recht, der sich von
Wahlplakaten beeinflussen lässt. Andererseits wird hier Parteienförderung verheizt, da muss das Wohl des Landes, also die
Maximierung grüner Stimmen, im Vordergrund stehen. Deshalb gilt auch die
beliebte Ausrede nicht, dass Wahlplakatkampagnen ja nur der
Selbstvergewisserung der eigenen Parteikader dienten. Was tun?
Die Antwort ist genial. Man betrachte die grünen
Plakatsujets und staune.
Da gibt es zum Beispiel Jedes Kind ist sehr gut. Schöner
Spruch, kluges Wortspiel. Noch klüger aber ist die Zielgruppe Eltern mit schulpflichtigen Kindern. Die
wissen nämlich, dass das eine fette Lüge ist: Manche Kinder sind sehr gut,
manche sind sehr fies, und die meisten sind irgendwo dazwischen. Als einzige
Konstante bleibt, dass die eigene Brut nie zur zweiten Kategorie gehört.
Dann haben wir Wo die Liebe hinfällt, fallen wir nicht um. Noch
ein kluges Wortspiel, aber mit prekärer Verneinung und, entschuldigen,
mittlerer Relevanz.
Als nächstes, und für mich das gelungenste Sujet, Kein
Artenschutz für Miethaie, mit dem Bild eines Haifischs. Interessant
daran ist, dass man nicht weiß, ob und wie weit die Text-/Bild-Schere hier
geöffnet ist. Denn ich kenne mich mit Haien nicht aus, aber mir sieht das Viech
wie ein Weißer (Carcharodon carcharias)
aus, der sehr wohl Artenschutz vertragen kann.
Heißt das jetzt, dass Weiße Hai dem Kabeljau für eine
Substandardbude mit indischem Klo („jenseits des Ganges“) in drittklassiger
Rifflage achthundert im Monat abknöpft und womöglich vorher eine illegale
Ablöse eingesackt hat?
Oder ist eine Kontrastwirkung zwischen dem schützenswerten
Fisch und dem Gemeinen Miethai beabsichtigt?
Auf jeden Fall ist der Betrachter nachher gescheiter als die
Macher des Plakats, und darauf kommt es an.
Dies nämlich ist die grüne Lösung für das
Wahlkampagnendilemma: Jedes einzelne Sujet kommt oberflächlich brillant und wahr daher, sodass man sich nicht genieren muss. Auf den zweiten
Blick tut sich ein gedanklicher Abgrund
auf, sodass die denkende potenzielle Grünwählerin weiß: Die befassen sich mit
Wichtigerem als mit Schmarren wie
Wahlplakaten! Die kann man noch und wieder wählen! Wer kluge Wähler erreichen
will, der muss, und diese Logik haben erst die Grünen erst 2017 erkannt, eine
Plakatkampagne fahren, die sich selber demontiert.
Auch die Basis darf sich verstanden fühlen, wenn sie eine kulturhygienische Selbstverständlichkeit
wie die Ehe für alle erfolgreich auf die Plakatstellen reklamiert hat, während
der Klimawandel schauen muss, wo er bleibt.
Selbst das letzte Sujet tut das Seine dazu: Zwar haben die
Grünen Sei ein Mann. Wähle eine Frau im Paket als Draufgabe bekommen,
weil der Front National und die AfD
es mangels Inhaltsdichte nicht haben wollten. Doch gerade deshalb dürfen die
Grünwählerinnen sicher sein: Sie werden ihr Kreuzerl nicht für Frau Lunacek
gemacht haben, weil sie auf derart halbschlaue Werbeschmähs hereingefallen
wären.
Glückwunsch
dazu!
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