Freitag, 20. Oktober 2017

In aller Kürze

Ihr seid ja jetzt schon große Lesehäschen, deshalb setzt euch zu mir, ich will euch etwas erzählen. Wisst ihr, wo die kleinen Substantive herkommen?  Vielleicht habt ihr im Internet schon einmal etwas gesehen, das euch verwirrt hat, und nun seid ihr unsicher und wisst nicht, was mit eurer Zunge geschieht. Nur ruhig, euer Kolumnator ist auch ganz vorsichtig!
Also: Die Substantive entstehen auf unterschiedliche Arten, wir wollen jetzt nicht alles aufzählen, das macht auch mehr Spaß, wenn ihr es selber ausprobiert. Kurz: Oft geschieht es, dass sich ein Adjektiv und ein Suffix ganz fest liebhaben. Und dann kann es sein, dass am Ende ein neues Substantiv entsteht.  Mit –heit zum Beispiel können das schon Anfänger. So entsteht aus weise die Weisheit, aus dumm die Dummheit oder aus dunkel die Dunkelheit. Aber Vorsicht: Wie bei den Leuten darf sich nicht jedes Adjektiv einfach auf das kleine –heit stürzen und mit ihm ein neues Substantiv machen, sonst geschehen hässliche Dinge wie etwa Großheit, Hellheit oder Geschicklichheit. Die zwei müssen sich erst einmal kennenlernen, und dann merkt man schon, ob sie zusammenpassen. Wichtig ist: Suffixe sind nützlich, um Adjektive in Substantive zu verwandeln. -heit, -keit und der Underdog -e sind da wahre Tausendsassas. –e? höre ich euch fragen? Ja eh –e: Weite, Kürze und so weiter vermissten wir ohne -e schmerzlich, woran man sieht, dass es auf dieses noch mehr ankommt als auf die Größ-e oder Läng-e.
Warum ich euch das alles erzähle, wo euch doch eh fad genug ist? Aufgemerkt: Mindestens ein Substantiv sieht aus, als stammte es von einem Adjektiv. Doch das zugehörige Adjektiv existiert gar nicht. Nämlich die allseits beliebte Süßigkeit. Dass es süß gibt, weiß ich. Doch das Substantiv zu süß ist nicht Süßigkeit, sondern Süße. Warum also gibt es zu süß und Süße auch noch die Süßigkeit, während wir ohne Langigkeit oder Großigkeit auskommen müssen?
Ja klar: Weil die Süßigkeit eben nicht nur die Eigenschaft von Süßem ist, sondern der Genuss daran. Damit sind wir endlich beim großen Thema unserer kleinen Sendung, nämlich den Koalitionsverhandlungen. Werden sie kurz abgemacht, und werden wir bald erfahren, was die Kurzigkeit für Österreich bedeutet?
Apropos: Der Wahlkampf ist ja gottlob vorbei, und Herr Sobotka ist bei seinem Dienstwagenunfall unverletzt geblieben. Die Sprache ist aber aus der Kollision mit Peter Pilz nicht ohne Blessuren hervorgegangen: „Da gibt es einfach ein fehlendes Bewusstsein darüber, was gehört der Partei und was gehört der Republik.“ kommentierte der Exgrüne (sind wir das jetzt nicht alle?) Sobotkas Ausrutscher. Abgesehen von der interessanten Konstruktion von Bewusstsein mit darüber bleibt leider unklar, ob das Bewusstsein nun existiert, aber woanders (weshalb es hier fehlt), oder ob es nicht existiert, aber trotzdem da ist. Sobotka wollte nicht zurückstehen und tat das Seine zur Verwahrlosung des Ausdrucks: „Ich weiß, dass Herr Pilz Aufmerksamkeit braucht, weil er zu wenig davon hat. Das auf dem Rücken Schwerverletzter zu tun, ist traurig.“ Hier bleibt er zwar schuldig, was Pilz denn tut, (außer etwas zu brauchen), belohnt uns aber mit einem Sprachbild, das die Schwerverletzten nicht etwa in stabile Seitenlage bringt, sondern sie gleich umstandslos auf den Bauch wälzt, damit Pilz auf ihren Rücken etwas „brauchen“ kann. Wenn ich ein grüner Abgeordneter wäre, würde ich schauen, dass ich ihm in nächster Zeit nicht über den Weg laufe. Schönes Wochenende!


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