Heute, o erlesen motorisierte Häschen, klären wir ein unter unter
anspruchslosen Filmfreunden verbreitetes
Missverständnis. Denn Menschen, die gern Filme sehen, gibt es ja in zwei
Geschmacksrichtungen: Die einen sind in der Wolle gefärbte Cineasten, die
jeglichen Hollywoodklassiker mit wachsender Ratlosigkeit verfolgen. Denn sie
sind herkömmlichen Erzählkonventionen derart entwöhnt, dass sie mit diesen
nichts anzufangen wissen. (Habe ich wirklich einmal erlebt.)
Die andern sind solche wie euer ergebener Kolumnator. Wir
schauen schon David Lynch oder Lars von Trier. Wir schauen aber auch Clint
Eastwood, Kathryn Bigelow und manchmal sogar deutsche Komödie. (Kürzlich erlebte
ich einen ausgesprochen nerdigen Moment der Unzufriedenheit, als der Nerd im
Film einen Sprachkurs Elbisch konsumierte
und ich mir denken musste: Gut und schön,
aber lernt der jetzt Qenya oder Sindarin?)
Als Bier-und-Pizza-Filmkonsumenten, die prägende Seherfahrungen
kurz nach 1980 gemacht haben, liegt uns ein obskures Genre auf unerklärliche
Weise am Herzen: Autoverfolgungsjagdfilme.
Weniger Erfahrene nicken gern, wenn wir das in schwachen Stunden gestehen, und
brabbeln was von Fast and Furious.
Weit gefehlt,
Herrschaften! Denn weit ausgeholt: Zunächst einmal sind Autoverfolgungsjagdfilme
nicht zu verwechseln mit Filmen, in denen eine motorisierte Verfolgungsjagd
vorkommt, die dann berühmt wird. Deshalb haben Bullitt oder Ronin hier nichts
verloren (obwohl ohne die Mustang-Raserei kein Hahn mehr nach einem Film krähen
würde, in dem Steve McQueen thatcheresk durch eine peinlich klischeehafte
Hippiewelt stolpert). Vielmehr geht es ausschließlich um Filme, in denen die
Verfolgungsjagd selbst den größten Teil des Plots und am besten auch gleich die
Hauptrolle übernimmt. Es geht, und hier finden wir Österreicherinnen uns
bestens verstanden, nicht darum, irgendwo schnell anzukommen, um die Welt zu
retten, einen Bösewicht zu fangen oder ähnlich Zweitrangiges. Es geht ausschließlich
darum, schneller unterwegs zu sein als die Bullen in dem Dodge Polara Pursuit
hinter dir. Der Rest wird sich finden.
Häschen meiner Altersklasse haben einen entscheidenden Teil
ihrer Sozialisation Klamaukperlen wie Smokey and the Bandit (Ein ausgekochtes Schlitzohr) oder Cannonball
Run (Auf dem Highway ist die
Hölle los) zu verdanken. Gewiss entschuldigt es manchen Irrtum, dass der
Schnauzbart von Burt Reynolds in unserer Kindheit gleichberechtigt neben (genau
genommen: vor) ihm selbst stand! Leider hat Hal Needham in beiden Filmen
bewiesen, dass er als Stuntkoordinator mehr draufhatte denn als Regisseur,
indem er sich einem Tieffliegerhumor verschrieb, dem die Jahre nicht annähernd so
gut bekommen sind wie der reinen Lehre des schweren Gasfußes und an dem das
Image von Dean Martin lange zu kiefeln hatte.
Viel besser haben sich zwei ältere Meisterwerke gehalten: An
erster Stelle Vanishing Point
(Fluchtpunkt San Francisco), Tarantino-Fans zumindest dem Namen nach aus Death Proof bekannt und in seiner
Geradlinigkeit unbedingt des Sehens wert. Und das ebenso großartig tragische Dirty
Mary Crazy Larry (in kongenialem Deutsch: Kesse Mary – irrer Larry) immerhin mit Peter Fonda in einer der
beiden Titelrollen. Erst viel später konnte einer der größten Filme der letzten
zehn Jahre das Vollgasevangelium wieder ähnlich klar verkünden: Dass Fury
Road nur Oscars in
Nebenkategorien erhielt in demselben Jahr, da der arme Leo di Caprio
ausgerechnet für The Revenant seinen
einzigen Hauptrollenoscar bekam, sagt mehr, als ich jemals über die Academy
wissen wollte.
Und was ist jetzt mit Fast
and Furious? Ganz einfach. Erinnert euch an Boogie Nights (übrigens ebenfalls mit Burt Reynolds und seinem
Schnauzbart, der dann wirklich zum Pornobalken gereift war): Dort gebiert Dirk
Diggler die Idee, Pornofilme mit echter Geschichte zu drehen.
Wäre Dirk von Verfolgungsjagdfilmen ausgegangen anstatt von Pornos, dann wäre Fast and Furious dabei herausgekommen.
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