Freitag, 31. August 2018

Zielübungen

Willkommen zurück, o erholte Leistungsträgerhäschen! Schluss mit Ferien, her mit Trends, das ist die BamF-Devise der Stunde. Das soll heißen: Euer Kolumnator kennt keinen Genierer, wenn es darum geht, auf gemächlich vorbeizuckelnde Züge der Zeit aufzuspringen. Heute ist die Gamification dran. Die Gamification wurde erfunden, weil alternde Trendforscher herausgefunden haben, dass die Jungen keinerlei Drang zum Erwerb marktfähiger Kompetenzen zeigen, hingegen einen sehr starken Drang zu Videospielen. Da gerieten die Trendforscher in Sorge, wer einmal ihre Pensionen finanzieren würde, und erfanden die Gamification. Das meint: Man verpackt eine langweilige Tätigkeit (wie zum Beispiel das Erspähen auffälliger Reisender in einem Flughafen) in ein nicht ganz so langweiliges Spiel (wie zum Beispiel das Erspähen verkleideter Orks, die sich in deine Festung schleichen wollen – danke, Neal Stephenson!), um die Trefferquote zu steigern und den Trendforschern die Hoffnung zu schenken, dass die nächste Generation zumindest irgendwelche Jobs findet.
Womit wir beim Thema Paragleiten sind: ein schönes Hobby für den, der am Schirm hängend auf die Welt hinabschaut, sofern er sich nicht in Grübeleien darüber verliert, ob es nicht doch statthaft sei, im Flug zu urinieren.
Von unten ist es leider weniger lässig. Du sitzt friedlich bei deinem Kaffee, sagen wir so gegen 10, und plötzlich zieht ein fünfzehn Meter breiter Schatten über dich weg, weil wieder einmal ein Paragleiter deinen Frühstückstisch als Landeschneisenmarkierung erkoren hat. Das weckt Urinstinkte, Damen und Herren! Nur schwer kann man danach sein Kind davon überzeugen, dass der Steinzeitmensch keinen Flugsaurier zu fürchten brauchte.
Die Frage war (war, wohlgemerkt!), wie man solche irritierenden Überflieger fernhält. Lange liebäugelte euer Kolumnator mit dem Erwerb einer ausrangierten Vierlingsflak aus Bundesheerbeständen. Gut sichtbar im Garten platziert, bei Paraflugbetrieb gelegentlich darauf Platz genommen, vielleicht auch einmal an den Justierkurbeln gedreht – das sollte reichen.
Mag sein. Aber wir leben nicht mehr im Kalten Krieg. Das Gleichgewicht des Schreckens ist passé, zumal der da oben ja immer noch seine möglicherweise volle Blase mit sich führt, deren Kontrolle angesichts von vier 20-mm-Rohren ja auch nicht einfacher wird.
Gibt es eine zeitgemäßere Lösung? Allerdings, dank Gamification! Ich habe den Konfrontationskurs aufgegeben und strebe nun vielmehr eine gedeihliche Kooperation an.
Falls jemand vom Sky Club Austria mitliest, also bitte gut aufpassen! Die Sache ist ganz einfach: Jeder Paragleiter, dessen Flugroute eventuell über meine Kaffeetasse verlaufen könnte, schnallt sich vor dem Start eine Lasertag-Weste um. (Für Kinderlose: Das sind die Trefferwesten, die die Kleinen bei jenen Kindergeburtstagen tragen, deren Hauptattraktion darin besteht, mit Laserpistolen gegeneinander zu punkten.)
Ich meinerseits rüste mich mit einem entsprechenden Lasergewehr und lehne dieses nonchalant an den Kaffeetisch. Wenn ich einen Hängesportler nahen sehe, visiere ich ihn an und tue mein Bestes. Nach einem Treffer muss er eine Runde aussetzen.
Schon haben wir dank Gamification eine Win-win-Situation geschaffen, nämlich für mich: Wenn einer über den Kaffee fliegt, habe ich meinen Spaß, wenn nicht, meine Ruhe.
Linkslinke Gutmenschen könnten sich fragen, was für den Schirmspanner dabei herausschaut. Worauf ich erwidere: Habt ihr den Teil mitbekommen, wo ich mich lediglich mit einem LASERgewehr bewaffne?

Freitag, 3. August 2018

Arbeitsfähig

O teure Häschen, es ist heiß. Aber bevor sich euer ergebener Kolumnator in den vielleicht wohlverdienten, vielleicht aber auch geschickt erschlichenen Urlaub verkrümeln darf – das möge die Nachwelt entscheiden – ist noch ein bisschen Denkarbeit vonnöten.
Erstens hat Frau Birgit Sauer, Professorin für Politikwissenschaft, in einem Interview etwas Merkwürdiges gesagt. Es ging darin um die Budgetkürzungen, unter denen viele frauenpolitisch relevante Projekte und Vereine zu leiden haben, weil die Regierung die Förderungen zusammengestrichen hat. Als Begründung dafür muss häufig herhalten, dass Gewaltschutz wichtiger sei als feministische Denkarbeit, weshalb man das Geld lieber in Projekte stecke, die Gewalt gegen Frauen verhindern. Ob man dieser Argumentation folgt oder nicht, muss jede mit sich selber ausmachen. Prof. Sauer ist der Ansicht, dass Gewaltschutz politisch halt auch besser verkäuflich sei, womit sie sicher recht hat. Sie geht aber noch einen Schritt weiter: Es passt auch in eine neoliberale Welt, in eine Welt, in der am Arbeitsplatz alle funktionieren sollen, mittlerweile auch Frauen. Da passen verletzte Frauen nicht ins Bild.
Das heißt: Die Regierung finanziert nach Ansicht von Professorin Sauer Gewaltschutzprojekte, um den Unternehmern einen Gefallen zu tun, die sich dann seltener mit dem Problem herumschlagen müssen, dass eine Angestellte oder Arbeiterin am Arbeitsplatz ausfällt, weil sie Opfer einer Gewalttat geworden ist.
Es kann ja sein, dass Prof. Sauer damit recht hat. Vielleicht hat sie noch mit ganz anderen Sachen recht. Vielleicht setzt sich die Ärztekammer für Impfprogramme ein, damit die Frauen immer brav am Arbeitsplatz erscheinen. Vielleicht gibt es die Helmpflicht für Motorradfahrerinnen nur, damit die Frauen was hackeln anstatt Organspenden für das Hodenkartell zu liefern. Vielleicht dienen Kläranlagen hauptsächlich dazu, Frauen arbeitsfähig zu halten anstatt dass sie erbrechend über der Schüssel hängen.
Wie gesagt: Vielleicht hat Frau Prof. Sauer eh recht. Vielleicht hat sie aber auch nur ein Beispiel für die Binsenwahrheit geliefert, dass Idee B nicht unbedingt schlecht sein muss, wenn man schon weiß, dass Idee A gut ist.
So. Zum Abschied gibt es noch ein Feedback der Woche. Euer Zweckdichter hatte einen Text geliefert, der mit Ich bin’s anhob. Der Kunde erwiderte prompt: Das erinnert stark an den Jugendslang „i bims“.
Das ist allerdings richtig. Ungefähr so, wie eine Parlamentsrede von Herrn Gudenus an die Wiege der Demokratie im alten Griechenland erinnert, so erinnert „ich bin’s“ an „i bims“.
Schönen Sommer!