Freitag, 28. September 2018

Erledigt


Erinnert ihr euch, o Häschen, noch an die Zeiten, als man einander halb im Scherz zu fragen pflegte, wie man die Menschen, die man einst als Schwarze bezeichnete, nunmehr politisch korrekt zu benennen habe? Solange es sich nur um US-Bürger handelte, konnte man sich mit Afroamerikaner behelfen, aber hierzulande klappt das halt nicht. Afroeuropäer? Geh bitte!
Ich darf aber berichten, dass wir uns zurücklehnen dürfen – nicht zufrieden, jedoch entspannt.
Denn die Frage ist nunmehr erledigt, indem, wenn schon nicht die Sprache, so doch mindestens ein Sprachnutzer vor ihr kapituliert hat. Wie es scheint, ist es im Deutschen nicht mehr möglich, eine Vielheit der fraglichen Menschen zu bezeichnen, ohne dass jemandem dabei auf den Schlips beziehungsweise ein genderneutrales, aber jedenfalls lose herabhängendes Kleidungsstück oder Accessoire getreten wird. Ronald Pohl hat sich deshalb in seinem Artikel über das Stück Der Kampf des Negers mit den Hunden aus der Affäre gezogen, indem er von Menschen of colour (oder auch Personen of colour) spricht. Ich finde das wegweisend und freue mich schon auf jede Menge weiterer denglischer Umschreibungen, die uns gerade noch gefehlt haben. Es warten hier zum Beispiel Menschen of Wheelchair-usage, Menschen of obesity, Menschen of femaleness und von mir aus auch gleich Menschen of flexitarianism. All diesen Gruppen ist gemein, dass wir als reflektierte Sprecherinnen und Sprecher (jaja!) beim Reden innehalten, wenn wir über eine von ihnen etwas sagen wollen, und kurz nachdenken, ob das jetzt eh nicht beleidigend ist, wenn wir von „Übergewichtigen“, „Rollstuhlfahrern“, „Frauen“ oder gar „Flexitariern“ reden. Englisch gequakt, Problem gelöst!
Ich weiß schon, woher das Argument für die Menschen of colour kommt: Um die bevorzugte Selbstbezeichnung geht es. Die bevorzugte Selbstbezeichnung der allermeisten Chinesen ist aber auch nicht „Chinesen“. Analoges gilt für Franzosen und sogar für die Piefke. Was eurem Zweckdichter sauer aufstößt, ist nicht die Tatsache, dass man nicht mehr Neger sagen soll, sondern vielmehr der Eindruck, dass die Sprache selbst die Hiebe abbekommt, die jenen gebührten, die auf ihrem vermeintlichen Recht beharren wollen, weiterhin Neger zu sagen. Die Sprache kann nichts dafür, aber sie muss leiden.
Zur Auflockerung schauen wir noch, was Eva Reisinger treibt, die als hippe Online-Journalistin ihr Brot verdient. Sie zeigt eine sonderbare Eigenheit: Wann immer sie mit jemandem zu tun hat, dessen politische Position sie rechts von ihrer eigenen vermutet, beschreibt sie möglichst genau, was er anhat. Neulich hatte sie eine Reportage über eine Burgruine zu verfassen, die in den 1930er Jahren mit einem Hakenkreuz beschmiert wurde. Der heutige Besitzer weigert sich, dieses auf seine Kosten entfernen zu lassen, mit dem Argument, dass er selber damals noch gar nicht geboren war und seine Eltern auch nichts dafür konnten. Über ihn erfahren wir:
Goëss trägt ein beige-graues Jackett, eine beige Hose, ein hellblaues Polo und eine Ray-Ban-Sonnenbrille auf der Nase. Angesichts dessen, was auf dieser Nase alles Platz hat, muss es sich, wie man in Wien sagt, um ein Mordstrumm Pfrnak handeln. Schönes Wochenende!

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