Heuer, o teure Häschen, lassen wir das mit dem
Weihnachtsgedicht. Irgendwann ist es Zeit, sich einzugestehen, dass die eigenen
Stärken im Prosabereich liegen. Doch keine Sorge, euch wird Weihnachtsstimmung
werden! Denn wir versuchen die Frage zu klären, wie das nun wirklich ist mit
dem Christkind und dem Weihnachtsmann, der ja eine Erfindung der Coca Cola Company ist und deshalb uns
Werbefuzzis und -fuzzetten besonders reichlich die Strümpfe füllt. In
Österreich führt das autochthone
Christkind ein Rückzugsgefecht gegen den Dicken in Rot, unterstützt von
selbsternannten Brauchtumspflegern wie dem Jungbürgersender FM4, der sich vor
Jahren schon mit dem Bekenntnis Liebe
kleine Christkindmaus, wir retten dich vor Santa Klaus! auf die sicher
richtige Seite geschlagen hat.
Was aber nicht erklärt, warum es nicht entweder das
Christkind oder den Weihnachtsmann gibt, sondern alle beide, und außerdem noch
den Nikolo, den Knecht Ruprecht und die Kramperln (oder Krampusse, oder Krampi,
was immer euch angemessen scheint).
Fangen wir kalendarisch-chronologisch mit dem Nikolaus an
(ja, für euch ist er der Nikolo, für mich der Nikolaus, tom-ay-to – tom-ah-to, wie sie in Trumpistan sagen). Er bringt
Geschenke, weil dem historischen Nikolaus große Freigebigkeit nachgesagt wird
(und auch, er sei schon als Säugling so fromm gewesen, dass er sich die Mutterbrust
an den wöchentlichen Fasttagen nur einmal täglich genehmigt habe). Genau
genommen bringt er aber keine Geschenke, sondern Belohnungen für die Braven. Denn
am Nikolaustag (Wann war der noch gleich? Ja, am 6. Dezember. Brav!) war früher
in der Messe als Lesung immer das Gleichnis von den verliehenen Talenten aus dem Matthäusevangelium dran: Ein Reicher
gibt jedem seiner drei Knechte einen Batzen Geld und geht auf Kreuzfahrt. Bei
seiner Rückkehr haben zwei der drei die Kohle gewinnbringend investiert, der
dritte hat nur darauf aufgepasst. Zur Strafe wird ihm das Geld weggenommen und
als Belohnung unter den anderen beiden verteilt: „Wer hat, dem wird gegeben werden, wer nichts hat, dem wird genommen.“
(Den Matthäuseffekt kennen wir aus der Bildungspolitik.) So verknüpften sich
Geschenk aus der Legende und Belohnung aus der Tageslesung zur Nikolausgabe. Die
Begleitung durch finstere Gestalten wie den Knecht Ruprecht lässt
vorchristliche Traditionen weiterleben, stärkt die Motivation (Angst!) und
beweist außerdem, dass das christlich Gute das Böse zu domestizieren vermag. „Was ist jetzt mit Weihnachten, Oida, um auch einmal das Jugendwort des
Jahres zu verwenden?“, schallt es mir aus euren zunehmend ungeduldigen
Reihen entgegen. Je nun, damit das alles etwas mit Weihnachten zu tun bekam,
musste erst Luther kommen. Denn die Reformierten haben bekanntlich einerseits
mit der Heiligenverehrung nichts am Hut. Andererseits hätte die ersatzlose
Abschaffung der Bescherung ein PR-Desaster für die noch junge Glaubensrichtung
bedeutet. Es war Zeit für den Geniestreich, die Bescherung auf Weihnachten zu
verlegen und als Gabenbringer das Jesulein zu installieren. Jenes aber war so
süß, dass auch die Katholiken seinem Reiz nicht lange widerstehen konnten,
sodass es auch im einst erzkatholischen Österreich die Geschenke bringen
durfte. Und Santa Claus? Der taucht schon im frühen 19. Jahrhundert auf. Denn
die Döblinger und Hietzinger des damaligen New York verfolgten ihre Stammbäume
mehrheitlich in die Niederlande zurück, wo wer noch heute die Geschenke bringt?
Genau: Sinterklaas, der gute alte
Nikolo. Denn anders als den Lutheranern war es den ergebnisorientierten
Calvinisten ziemlich egal, ob ein Heiliger oder sonstwer die Geschenke brachte.
Hauptsache, Beute. Dass die Coca Cola
Company erst sehr spät zu der Show kam und nichts mit der Erfindung des
Weihnachtsmannes zu tun hat, überrascht wohl keines von euch aufgeweckten
Schneehäschen mehr. Frohe Weihnachten!