Freitag, 29. März 2019

Ohne Rücksicht auf Verluste

Jetzt, meine lieben, treuen und teuren Lesehäschen, heißt es dranbleiben. Wir haben eine sprachabenteuerliche Strähne, wir dürfen uns bloß nicht ablenken lassen. Kickl will den Stundenlohn für Asylwerber auf den Gegenwert von fünf Tschick senken? Ein andermal. Heute kommt erst einmal eine Frage in die Runde: Warum bittesehr heißt es „begreiflich“ und „unbegreiflich“, aber „unbeschreiblich“ und „beschreibbar“? Das hat doch alles keinen Sinn, Frau Spera! Ich ersuche um Klärung, bitte kurz und verständlich, nicht wie diese Kolumne.
Nun aber endlich zu der Frage, die euch seit Wochen, wenn nicht Jahren auf den Nägeln brennt, vorher aber noch zu einer anderen Frage, nämlich ob einem redensartlich etwas auf  oder unter den Nägeln brennt. Antwort: beides, wobei auf den Nägeln die ältere Form ist. Laut Wikipedia spricht der älteste Beleg von einer Kerze, die „auf den Nagel gebrannt“ ist. Seltsamerweise wird für die Herkunft der Wendung eine absurde Sitte zitiert, nach der man sich früher in der Kirche ein Wachslicht auf den Daumennagel geklebt habe, um das Gesangbuch lesen zu können. Ich hätte ja ganz naiv vermutet, dass mit dem Nagel nicht ein Fingernagel gemeint ist, sondern der Dorn eines herkömmlichen Kerzenständers, auf den die Kerze gesteckt wird, damit sie nicht umfalle. Zumal in besagter alter Belegstelle die Bedeutung „es ist Zeit, die letzten Mittel aufzubieten“ angeführt ist, was ja zu einer sehr weit heruntergebrannten Kerze passt. Aber wer bin ich schon. Allerdings kann ich dafür einstehen, dass ich, obzwar ich sehr oft in vielen Kirchen viele Messen gehört habe, nie auf die Idee gekommen wäre, mir eine Kerze auf den Daumennagel zu kleben. Nicht einmal, wenn der Pfarrer mitten in der Predigt noch einmal von vorne anfing, weil er infolge übermäßigen Messweingenusses den Faden verloren hatte.
So. Jetzt aber wirklich: Wie unterscheidet man ein Präpositionalobjekt von einer adverbialen Bestimmung? Wir fangen mit der Theorie an. Eine adverbiale Bestimmung, auch kürzer bekannt als Adverbial oder Adverbiale, liefert eine nähere Bestimmung der Umstände, unter denen etwas geschieht: Die Kreation sitzt in der Tinte. Sie weint sich abends in den Schlaf. Mit letzter Kraft ringt sich der Designer eine Anzeige ab. Und so weiter. Wie man sieht, gibt es Adverbiale, die uns etwas über den Ort verraten, die Zeit, die Art und Weise und eine Reihe anderer Dinge, die man jetzt so genau auch wieder nicht wissen muss. Merken kann man sich aber, dass man Adverbialen je nach Art mit wozu, weshalb, wie, wann, wo et cetera erfragen kann.
Nun spannt sich ein grammatischer Fallstrick, weil es nämlich einerseits adverbiale Bestimmungen gibt, die zwar mit einer Präposition, aber ohne große Umstände beginnen, so wie in diesem Beispiel „ohne große Umstände“ andererseits Präpositionalobjekte, bei denen das ebenfalls der Fall ist, die aber im Satz mit anderen Aufgaben betraut sind. „mit anderen Aufgaben“ war gerade so ein Präpositionalobjekt. 
Woran erkennt man das? Daran, dass man die Präposition braucht, um danach zu fragen. Das mit ist unverzichtbar, weil man eben nicht fragen kann wie oder wo oder sowas die Objekte betraut sind, sondern womit: „mit anderen Aufgaben“. Im anderen Fall fragt man schlicht, wie die Bestimmungen beginnen, nämlich „ohne große Umstände“. Wem das jetzt zu kompliziert war, der erinnert sich einfach den Hipsterwitz (weil nämlich mit einem langen Bart geschmückt): Womit überlasse ich euch eurem grammatischen Schicksal? Mit Recht. Schönes Wochenende!


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