Freitag, 8. März 2019

Wertminderung

Es ist alles nicht so schlimm, meine zu Unrecht beunruhigten Lesehäschen. Beziehungsweise: Es ist schon so schlimm, da könnt ihr jede sozialdemokratisch sozialisierte Burgenländerin fragen, die geglaubt hatte, nach Niessl komme etwas Besseres nach.
Es könnte aber noch schlimmer sein, nämlich, wenn sich auch in Österreich die Seuche der Homewners‘ Associations so ausgebreitet hätte, wie das in den USA der Fall ist, die doch weißgott genügend andere Sorgen haben. Glücklicherweise vertrauen wir aber hierzulande auf guten alten Nachbarschaftsterror, wo es gilt, das Preisniveau der eigenen Wohngegend zu erhalten, anstatt auf instutionalisierte Belästigung. Denn für alle, die in US-Heimatkunde gerade Schluckweh hatten: Eine Homeowners‘ Association ist so etwas wie die Arbeiterkammer für Hauseigentümer. Wenn du ein Haus kaufst, wirst du Pflichtmitglied in der örtlichen HOA.
Im Unterschied zur Arbeiterkammer bieten HOAs nicht so sehr handfeste Services wie Rechtsberatung oder die Übernahme von Musterprozessen, sondern vielmehr Unterhaltungswert. Dieser entsteht, weil sie Verhalten ahnden, das den der Wert der Immobilien schmälern könnte. Wie kann ein querulantisch veranlagter Hauseigentümer das Gemeinwohl durch negative Beeinflussung des Preisniveaus schädigen? Indem du zum Beispiel deine Fassade vernachlässigst, deine Hecken ins Kraut schießen lässt oder deinen abgegurkten Mazda gut sichtbar in der Zufahrt parkst, weil deine Garage echt mal aufgeräumt werden müsste. Diese letztere Subversion ist steigerungsfähig, wie das Internet euren Ergebenen kürzlich wissen ließ: Du parkst dein Häusl in der Zufahrt, wartest einen leichten Schneefall ab und fährst dann weg.
In der schneefreien Fläche, die sich bis gerade eben unter dem Auto befand, erkennt der gestrenge HOA-Kontrolleur mit etwas Glück einen Phallus, was insofern gerechtfertigt ist, als eine längliche Form eine längliche Form ist, womit der Erfolg der Aktion freilich sehr von der akuten Giekerigkeit des obgedachten Kontrolleurs abzuhängen scheint, unerachtet ihres/seines Genders, jedoch nicht der sexuellen Orientierung. Für diesen Akt des pornographischen Vandalismus versucht er dir100 Dollar Strafe aufzubrummen.
Wieviel Trost können wir Österreicherinnen nicht aus der Tatsache schöpfen, dass Kickl zwar Erstaufnahmestellen in „Ausreisezentren“ umbenennt, aber einstweilen noch keinen Beamten dafür abgestellt hat, nach Regen oder Schnee die Umrisse von erst kürzlich freigewordenen und daher nicht niederbeschlagenen Parkplätzen auf ihre Schicklichkeit zu kontrollieren! Man will sich gar nicht ausmalen, was – im Umkehrschluss der Maxime, dass dem Reinen alles rein sei – im Kopf unseres BIMaZ alles ahndungswürdig sein könnte. Zur präventiven Abhärtung der Allgemeinheit im Allgemeinen und Kickls im Besonderen sollten wir alle uns wieder auf jenen Lausbuben besinnen, von dem Karl Kraus berichtete (eine Planke ist ein Lattenzaun): Ein Dorfschulbub wird bekanntlich gefragt, wie man eine Planke mache. Er weiß Bescheid, und wenn das Gestell so weit sei, schreibe er noch schnell Lekmimoasch drauf und die Planke sei fertig. Mir scheint dies eine Verarbeitung aktueller obrigkeitlicher Blödheiten, die vielleicht keine äußerliche Änderung bewirkt, nach der man sich aber durchaus besser fühlen könnte.
Damit wir wieder auf Vernünftiges zu sprechen kommen, darf ich vom Feedback der Woche berichten. Es lautet sinngemäß: Das Bild ist nicht gerade eine Augenweide. Geben wir es doch aufs Cover. Dass man Unerfreuliches ins Zentrum stellt, in der Hoffnung, der Betrachter sehe den Wald vor lauter Ausreisezentren nicht, scheint mir ebenfalls eine Taktik zu sein, die der Bundesregierung nicht fremd ist. Schönes Wochenende!

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