Freitag, 15. Mai 2020

Viel reden hilft viel

Es ist, o teure Lesehäschen, alles ganz einfach. Also, nicht ganz einfach. Aber ziemlich einfach. Das danken wir unserem lieben Herrn Bundeskanzler, der für uns alle darauf schaut, dass wir uns unsere (also vor allem eure, ihr unwiderstehlichen Flauschebällchen! Denn euer Kolumnator glänzt nur bedingt durch äußere Schönheit.) – dass wir also unsere hübschen Köpfchen nicht durch unnötiges Nachdenken überstrapazieren. Nicht umsonst zitiert der nicht genug zu schätzende Herbert Z. so gern: „Denken heißt zum Teufel beten!"

Daher steht es dem Chefchen einer Partei, die sich weiterhin „dem christlich-humanistischen Menschenbild verpflichtet“ sieht, wohl an, die Denkwerkzeuge seiner Schäfchen zu entlasten, wo es nur geht.

Denn einst wollte der Politiker seine Zuhörer durch wohlgesetzte Worte von seiner Sache überzeugen. „Nothing but blood, toil, tears and sweat“,  so verhieß Churchill einst seinen Zuhörern, werde ihnen der Kampf gegen Hitler bringen, und es war genug.

Unser Bundeserlöser seinerseits (hier muss ich einen zu Unrecht wenig bekannten Text des viel zu früh, wenn auch kaum überraschend verstorbenen Werner Kofler empfehlen: Erlösergebärerinnen im Gespräch, ein schönes Stück Bosheit, das man sich beim Lesen leicht auf Sebastian ummünzen kann, wenn einem der Sinn danach steht.), unser Bundeserlöser seinerseits will den Zuhörer keineswegs überzeugen, sondern ihn mit Blabla so lange niederknüppeln, bis das Denkwerkzeug sich geschlagen gibt. So jüngst auf die Frage, ob es im Kleinwalsertal schwierig gewesen sei, den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand einzuhalten:

„Bei der Veranstaltung war es nicht schwierig,

weil wir eine große Halle hatten

zwei Meter Abstand hatten

uns in Kleingruppen nur getroffen hatten

zwei Runden gemacht haben, damit nicht alle gleichzeitig in diesem großen Saal waren.

Und da sind wir zu zwölft gesessen

mit über zwei Meter Abstand zwischen den Personen“.

Auf die Frage, ob ihm Eigenverantwortung oder staatliche Kontrolle wichtiger sind:

„Ich hab eine Videokonferenz gehabt

mit über tausenden Wirten,

die allesamt eigentlich sehr positiv sind,

die ihren Beitrag leisten wollen,

die natürlich arbeiten wollen,

mit dem Gast arbeiten wollen,

ihren Job machen wollen,

aber natürlich auch die Sicherheitsvorkehrungen einhalten wollen.“

Spätestens nach dem dritten Halbsatz ist man dermaßen zu Tode gelangweilt, dass einem die Demokratie auch schon wurscht ist, Hauptsache, man muss nicht mehr solchem Geschwafel lauschen. Wollte Herr Kurz uns davon überzeugen, gegen ein menschenverachtendes Regime ins Feld zu ziehen, dann würde er wohl sagen:

Wir haben eine gute Zusammenarbeit,

und wir sind mit dem Koalitionspartner uns einig,

weil wir gute Gespräche geführt haben mit den Verantwortlichen,

die alle sehr positiv sind, dass wir gemeinsam Blut spenden werden,

Schweiß spenden werden

auch gemeinsam Tränen spenden werden,

aber natürlich nicht alle gleichzeitig,

weil die Übertragung durch Körperflüssigkeiten tunlichst zu vermeiden ist,

da schauen wir auch in der Regierung sehr drauf

… und dann wäre Europa eh schon unterjocht. Schönes Wochenende!

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