Ihr kennt das bestimmt, o teure Lesehäschen: Man findet sich
irgendwo ein, dort sollte jemand auftauchen, der weiß, wo es langgeht, und stell
dir vor, keiner geht hin. In der Grammatik sieht das dann zum Beispiel so aus:
Eingerichtet wurde der
Blog von PR-Muftis und kann somit als Täuschungsmanöver betrachtet werden.
Irgendwas stimmt da nicht. Das kann im zweiten Satzteil steht herum wie bestellt und nicht abgeholt. Glatt aufgehen würde etwa diese sprachliche Gleichung:
Der Blog wurde von PR-Muftis eingerichtet und kann somit als Täuschungsmanöver betrachtet werden.
Oder auch diese:
Eingerichtet wurde der
Blog von PR-Muftis, somit kann er als Täuschungsmanöver betrachtet werden.
Was ist geschehen? Wenn zwei Hauptsätze aneinandergereiht sind, die sich ein Subjekt (nämlich den Blog) teilen, so wie – Bildungsauftrag! – die Graien der griechischen Mythologie, die zu dritt mit nur einem Auge und einem Zahn auskommen müssen, dann gilt es dieses Subjekt entweder voranzustellen. Oder es geht sich halt nicht aus, dann muss man ein zweites Subjekt (hier „er“) herbeirufen.
Wenn aber die Prädikate (eingerichtet wurde und kann) vorneweg marschieren, ohne dass im zweiten Glied ein Subjekt mithampelt, dann kann man das, in den unsterblichen Worten meines geliebten Lukas, schon machen, aber es sieht dann halt kacke aus.
Im ÖVP-Blog geschieht nicht selten Ähnliches, weil man als soigniertes Chefsubjekt halt nicht überall sein kann und die beiden Schacklprädikate einen Schmarren hinschreiben, so schnell kannst du gar nicht schauen.
Heute lernen wir nämlich den schönen und leider unübersetzbaren Ausdruck to bury the lede. Er bedeutet, dass ein (obacht, jetzt folgt ein schönes Beispiel für eine Formulierung, die uns das Gendersternchen erspart) journalistisches Nackerbatzerl das Wichtigste an einem Artikel (eben: the lede) irgendwo im Inneren versteckt und sich bis dahin in weniger interessanten Details verliert.
Sebastian Winter (das ist der kongeniale Kollege von Peter Stöckl bei zur-sache.at) liefert dafür ein Beispiel in seinem „Artikel“ über zusätzliche Impfdosen, die Österreich zuteil werden sollen. Stolz verkündet er, dass „für Mai von diesen zusätzlichen Dosen rund 410.000 erwartet“ werden. Im Gesundheitsministerium, so führt er aus, schließt man daraus, „dass im Mai zwischen 400.000 und 500.000 Impfdosen in Österreich erwartet sind“.
Man würde nun zumindest ein empörtes Gicksen erwarten ob der Tatsache, dass die Regierung ursprünglich anscheinend überhaupt keine Impfdosen für Mai erwartet hatte (da ja die gesamte erwartete Menge in den zusätzlichen Dosen aufgeht), aber irgendwie ist das an Herrn Winter vorbeigegangen. Ein noch empörteres Gicksen wäre fällig ob der Tatsache, dass in der letzten Aprilwoche mehr Impfdosen eintrudeln als laut Herrn Winter im ganzen Mai, aber das ist dann irgendwie auch schon wurscht.
Man darf raten, welches Organ sich die beiden Nachwuchspolitiker teilen, und man darf ein bisschen Mitleid mit ihrem Chef haben, aber nur ein bisschen. Denn wir sehen daran, dass man erstens in den Grundrechnungsarten genauso schwach sein kann wie in Grammatik und trotzdem noch einen ÖVP-Blog schreiben, und dass man zweitens, wenn man sich darauf einlässt, solche journalistischen Inselbegabungen leiten zu wollen, bekommt, was man verdient.
Schönes Wochenende!