Heute, meine lieben Lesehäschen, heute schauen wir uns an, wann eigentlich etwas passiert und wie lange es dauert. Das ist ja nicht schwer, weil man zum Beispiel von 9 bis 12 Uhr Schule hat. Vielleicht ist man auch im Jahr 1980 geboren oder hat in der letzten Woche mit dem Training begonnen. Das sind sogenannte Temporaladverbiale, die wir gerne mit wann? erfragen. Etwa: Wann haben Sie erstmals erfahren, dass Schmid gern ÖBAG-Vorstand werden wollte? Das korrekte Temporaladverbial lautet natürlich: Dazu habe ich keine Wahrnehmung. Oder: Die ÖVP wurde am 17. April 1945 gegründet.
Dem aufmerksamen Häschen ist nicht entgangen, dass die Beispiele alle mit Präpositionen (von–bis, im, in, am) eingeleitet werden. Es gibt auch reine Temporaladverbien, die ohne Präpositionen auskommen und die man häufig gut brauchen kann: jetzt, morgen, inzwischen oder früher. Noch ein Beispiel? Na klar: Heute ist der Bezug zur katholischen Soziallehre nicht mehr so eindeutig wie damals. Das waren gleich zwei Temporaladverben in einem Satz! Nicht schlecht für Freitag.
Das ist aber noch nicht alles. Denn vielleicht ist es dir wichtig, loszuwerden, dass du nicht nur gestern fleißig warst. Vielleicht willst du vielmehr betonen, wie fleißig du warst: Gestern habe ich den ganzen Tag die Wohnung geputzt. Hier haben wir das Temporaladverb gestern und etwas anderes, nämlich den ganzen Tag. Letzteres ist ein sogenannter adverbialer Akkusativ, den es in den Geschmacksrichtungen lokal und temporal gibt:
Der Untersuchungsausschuss tagte den ganzen April.
Er hört den ganzen Weg zur Schule Musik.
Der adverbiale Akkusativ ähnelt äußerlich dem Akkusativobjekt. Man kann ihn aber nicht durch ein Pronomen ersetzen, weil Der Untersuchungsausschuss tagte mich ein Blödsinn ist. Und er bleibt ein Akkusativ, wenn wir den Satz ins Passiv stülpen:
Musik wird von ihm den ganzen Weg zur Schule gehört. Die Musik verwandelt sich vom Akkusativobjekt ins Subjekt, während der ganze Weg stur im Akkusativ verharrt wie Sobotka auf dem Posten des Vorsitzenden.
Wenn man Pech hat, stoßen einem im Leben Temporaladverbiale zu, die deutlich unangenehmer sind als das Kleben am Ausschussvorsitz oder die Reinigung der Nassräume. Dann entstehen Sätze wie: Die Dreizehnjährige wurde vor ihrem Tod vergewaltigt. Dasselbe gilt für Lokaladverbiale: Der Tatverdächtige blieb trotz mehrfacher Vorstrafen in Österreich. Manchmal gibt es sogar unangenehme Lokal- und Temporaladverbiale im selben Satz:
Die zwölfjährige, in Österreich geborene Tina wurde im Februar nach Georgien abgeschoben.
Doch halt! Hier zeigt sich, dass man auch als asylpolitischer Hardliner seinen Hölderlin nur genau lesen muss: Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch. Wenn man die Sache recht bedenkt, tut man den unbescholtenen Mädchen ja nicht mit falsch verstandener Milde, sondern mit noch größerer Härte etwas Gutes. Mögen autochthone Eltern angesichts der Gewalttat ihre Kinder nun noch strenger dazu anhalten, spätestens um zehn zuhause zu sein, so muss man als Politiker natürlich weiter denken und sich fragen, wo „zuhause“ denn ist und wo die Kinder also zur bestimmten Zeit sein sollten, damit sie vor Missetätern sicher sind.
Hätte man nur rechtzeitig einen Grund gefunden, die ermordete Dreizehnjährige so rechtmäßig abzuschieben wie (zum Beispiel) die Zwölfjährige, dann könnte sie noch leben. Das ist die Chance für Herrn Nehammer, sich vom herzlosen Paragraphenreiter zum Retter der Unschuldigen zu reframen. Schönes Wochenende!
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