O vielgeliebte Lesehäschen, der Sommer geht in Pause, wobei man sich regional uneinig ist, ob Kaisers Geburtstag (18. August) oder Maria Empfängnis (15. August) den Abschied einleitet. Weiters ist die Frage, ob eine indirekte Frage im Konjunktiv zu formulieren ist respektive sei.
Da haben wir schon den Salat. Stellst du die Frage direkt, dann ist alles klar wie Klärchen. „Kommst du mit zum Essen?“ „Schläfst du noch?“ „Bist du okay, Frank?“ Das fragt sich selbstverständlich im Indikativ, weil du ja wissen willst, was der Fall ist.
Ebenso eindeutig liegt der Fall, wenn du mir erklärst, was Sebastian gefragt hat: „Sebastian fragt, ob Afghanistan eh ein sicheres Land sei.“ Hier brauchen wir den Konjunktiv (vorzugsweise Konjunktiv I), weil Sebastians ursprüngliche Frage in indirekter Rede wiedergegeben ist, und die indirekte Rede erkennt man am Konjunktiv, da beißt die Maus keinen Faden ab.
Doch gibt es allzumal Fallstricke, warum nicht auch hier. Mir will nämlich scheinen, dass manche Fragen nur so tun, als seien sie indirekt. Wie etwa diese:
„Ich frage mich, ob man indirekte Fragen wirklich immer im Konjunktiv formulieren –“ tja. Muss oder müsse?
Formal liegt eine indirekte Frage vor, also schreiben wir müsse. Wie aber lautet die direkte Frage, die sich irgendwann verpuppt hat, auf dass aus dem Kokon später eine wunderschöne indirekte Frage schlüpfe? Bin ich wirklich irgendwann schlaflos gelegen und habe mich gefragt: „Muss man indirekte Fragen wirklich immer im Konjunktiv formulieren?“, um später von diesem Erlebnis zu berichten? Natürlich nicht, doch das wäre auch wurscht. Denn landesüblich sagt man ja nicht nur „ich habe mich gefragt, ob …“ sondern durchaus auch „ich frage mich, ob“.
Wenn ich mich jetzt frage, ob, dann referiere ich keine Frage, die ich mir irgendwann gestellt habe. Sondern ich berichte live aus meinem Gehirn – so fad kann live sein – was dort gerade abgeht. Man kann sich daher, finde ich, den Konjunktiv in diesem Fall getrost sparen. Wenn Robert Seeger erzählt, was am Ganslernhang los ist, japst er ja auch nicht: „Ich sehe aus unserer Kommentatorenkabine, dass Michael Matt sich gerade die Startnummer zurechtzupfe“, sondern dass jener sie zurechtzupft.
In Wahrheit ist die Sache natürlich komplizierter, weil standardsprachlich der Konjunktiv dran ist, wenn ich referiere, was ich gehört, jedoch der Indikativ, wenn ich referiere, was ich gesehen habe. Dies nicht etwa, weil die Sprache den Ohren weniger vertraute als den Augen, sondern weil man Gehörtes aus zweiter Hand empfängt: Ich habe gehört, du seist dem Alkohol verfallen, ich habe aber gesehen, dass du nur Wasser trinkst. Habe ich hingegen optisch wahrgenommen, dass du angeblich säufst, dann steht auch hier der Konjunktiv: Unsere Mutter schreibt mir, du trinkest gern einen über den Durst.
Im Falle von Mario Matt darf man aber dem eigenen Augenschein trauen, sodass selbst ein Sprachkünstler von Seegers Rang nicht auf die Idee käme, zurechtzupfe zu sagen.
Deshalb, o scharfsinnige Lesehäschen, gibt es zumindest einen Fall, in dem eine scheinbar indirekte Frage keinen Konjunktiv braucht. Schönes Wochenende!