Heute, liebe Lesehäschen, kommen wir nicht drumrum, da war doch was. Genau, die Fußball-WM, die sich tatsächlich manche anschauen, zumindest, bis es mit dem Advent so richtig losgeht, denn im Wettstreit der Lockungen von Punschstand und Ballkunst sieht euer Ergebener, was die österreichische Seele angeht, einen klaren Favoriten. Glücklicherweise, denn solange man noch hinschaut, sieht man eventuell nicht etwa eine sogenannte One-Love-Kapitänsbinde, sondern eine faule Ausrede für eine solche. Der Zweckdichter war zunächst mehr als geneigt, diese Binde für eine gute Sache zu halten. Denn wenn ein nicht so ganz heutiger Staat wie Katar sich für einen Haufen Schmier- und anderes Geld ein gigantisches TV-Spektakel holt, um sich zu einer echt bescheuerten Zeit auf der ganz großen Bühne besser darzustellen, als er ist, dann ist alles gut, was den PR-Gewinn am Ende geringer ausfallen lässt. So mein Kalkül.
Nach einer Diskussion mit dem Zweckdichterbalg bin ich da nicht mehr so sicher. Klar ist es löblich, den Kataris in ihre berechnete Suppe zu spucken. Die One-Love-Binde wäre aber so ziemlich der niedrigste moralische Verkehrsberuhigungshuppel, den man besteigen könnte, um dieses Ziel zu erreichen.
Denn euer Ergebener hat wenig Ahnung von Fußball. Aber es ist schon so, wie das Balg sagt: Da fahren gut bis sehr gut bis exzellent bis obszön bezahlte Spezialisten zur WM, obwohl sie alle schon seit Jahren ziemlich genau wissen konnten, unter welchen Umständen nicht nur die Vergabe zustande kam, sondern – viel schlimmer – unter welchen Umständen die Stadien errichtet wurden, in denen sie nun ihre hoch dotierten Kunststückchen aufführen.
Dort angekommen, kriegen sie plötzlich einen Moralischen und überlegen, ob sich der jeweilige Anführer die gedachte Binde umschnallen sollte. Diese ist ein Signal gegen eh alles, was der westliche Hipster nicht leiwand findet, nämlich, so Wikipedia, „gegen Ausgrenzung von LGBTQ+ Menschen [ohne den eigentlich nötigen Bindestrich, weil der nach dem + scheiße aussieht], aber auch gegen Rassismus und Antisemitismus“. Dagegen, Hackler wie Sklaven zu behandeln und reihenweise krepieren zu lassen, ist sie kein Signal. Ist sich halt nicht mehr ausgegangen.
Doch damit nicht genug: Die Fußballmillionäre haben sich dann doch gegen die Binde entschieden, weil die FIFA-Kumpane der Kataris nur allzu bereitwillig darauf hereingefallen sind und angefangen haben, wegen dem Schmarren mit gelben Karten zu wacheln.
Sie verzichten deshalb darauf, sich diese ziemlich billigen Moralpunkte zu holen, die man auch bekäme, wenn man einen Wiener Pensionisten zurechtwiese, der einem gleichgeschlechtlichen Paar hinterherpöbelt.
Stattdessen inszeniert sich zum Beispiel die Piefkeriege fotogerecht mit zugehaltenen Mündern. Dass die Herren damit weit beredter darüber Beschwerde führen, wie sie von der bösen Union aus bösem Verband und bösen Scheichs mundtot gemacht wurden als darüber, dass diese selbe Union eine ganze Menge Menschen ganz tot gemacht hat, scheint sie nicht zu kümmern. Was die Spieler da aufführen, beweist nur, dass das englische Sprichwort recht hat: You can’t have the cake and eat it. Man muss sich entscheiden, ob man moralisch am längeren Hebel sitzen oder bei der WM mitspielen will. Davon ausgenommen sind selbstverständlich die Iraner, die mit ihrer Weigerung, die Hymne zu singen, ein echtes Zeichen gegen ihr eigenes Regime gesetzt und dafür ein großes Risiko in Kauf genommen haben. Schönes Wochenende!