Freitag, 29. November 2024

Saugen

 

Manchmal, o reinliche Lesehäschen, gewöhnt man sich Dinge nur schwer ab, und nicht nur das Rauchen. Einst hatten viele von uns einen Nachzieh-Staubsauger. Wenn man beim Saugen auf etwas für das Gerät Unverdauliches oder zu Kostbares stieß (etwas größere Kartonfutzeln, Legosteine etc.), hob man sie während des Saugens auf und hatte nach einer Weile bisweilen eine schon recht volle Hand, je nachdem, was vor dem Aufräumen so alles stattgefunden hatte. Was man definitiv nicht tat, war: den Staubsauger abzuschalten. Man hätte ihn ja extra mit dem Saugschlauchlasso herbeiziehen und dann erst mit einem atomkraftwerkstauglichen Schalter außer Betrieb setzen müssen.

Euer Ergebener muss feststellen, dass er dies heute noch genauso macht, obgleich er mittlerweile einen akkubetriebenen Hightechsauger nutzt, zu dessen Abschaltung man nur den Finger vom Abzug nehmen müsste, weil Saugen hier quasi als Dauerfeuer funktioniert. Nimm das, Staubkorn! Brrrrtttt!

Damit sind wir bei der Verkehrsberuhigung, und damit, o urbane Lesehäschen, ist es so eine Sache. Nämlich so eine Sache, wie wenn du eine Schutzfolie aufs Handy klebst. Natürlich gelingt es dir fast, bis auf die eine kleine Luftblase. Und natürlich kannst du die Luftblase wegdrücken. Aber nicht so wie einen Anruf, sondern nur ein bisschen weiter. Mit Autos ist es anscheinend leider auch so. Wer sich das live anschauen will, macht einen Abstecher in den vierten Bezirk, holt sich vielleicht einen höchst empfehlenswerten Pistazienkrapfen von den 15 süßen Minuten, der mit der lästigen Dubaischokolade übrigens nichts zu tun hat, und vertieft sich in die Situation. Nämlich musste man bis vor Kurzem, wenn man von der Favoritenstraße zur Prinz-Eugen-Straße fahren wollte, den einen oder anderen Haken schlagen, weil alle Querstraßen irgendwo eine Einbahnstrecke in die Gegenrichtung aufwiesen. Viele dieser Haken endeten in der Belvederegasse, wo man immerhin sicher sein konnte, irgendwann in die Prinz-Eugen-Straße einbiegen zu können, weil sich dort eine Lichtzeichenanlage aka Ampel befindet.

Inzwischen wurde die Argentinierstraße aufwendig zu einer Fahrradstraße ausgebaut (wobei die Bepflanzung einen deutlich weniger spektakulären Eindruck vermittelt als in der einst dargebotenen Visualisierung), weshalb diverse Einbahnregelungen geändert wurden. Nunmehro können Autofahrer schnurgerade durch die Theresianumgasse zischen, allerdings nur bis zum bösen Erwachen, weil es am Ende nämlich keine Ampel gibt und die Prinz-Eugen-Straße je nach Tageszeit ein langer, ruhiger Fluss ist. Der Rückstau ist zeitweise beachtlich, man kann also von einem durchschlagenden Erfolg dieser Verkehrsbelebungsmaßnahme sprechen.

Offen bleibt aber die Frage, wo die zuständigen Planer ihren Finger hatten, als ihnen das geglückt ist. Wahrscheinlich am Staubsauger.

Schönes Wochenende!

Freitag, 22. November 2024

Trinkfest

 

Kürzlich, o gesellschaftlich gewandte Lesehäschen, kam die Frage auf, mit wem man eventuell zumindest ein Bier aushalten könnte. Als Testfälle wurden Herbert Kickl genannt – definitiv nein – sowie Hazeh Strache. Bei dem könnte sich ein Bier ausgehen, wenn auch eine Bahnfahrt von Wien nach Salzburg in einem jener ÖBB-Abteilwagen, deren Polster den kalten Rauch der 1990er bis zur Verschrottung nicht mehr loswerden, dann doch zu lang wäre.

Dabei wurde zunächst nicht festgehalten, welche Gebindegröße gegebenenfalls anzupeilen wäre. Im konkreten Vergleichsfall ist das eh wurscht, weil Strache sicherlich krügltauglich ist, während mit Kickl ein Pfiff schon zu viel wäre.  

Da politisch ja eh schon alles zu spät ist (zumindest bis Ende der Legislaturperiode), ist es sicher kein Fehler, sich vorher zu überlegen, wer zechtechnisch satisfaktionsfähig ist und wer nicht. Man weiß ja nie. Weil wir gerade dabei sind: Fällt nur eurem Ergebenen auf, dass das blutrünstige Wort „satisfaktionsfähig“ allmählich lit zu werden scheint, zumindest im deutschen Großfeuilleton? Es weht einen sonderbar an, wenn ausgewiesene Intellektuelle einen Begriff verwenden, der einst jemanden bezeichnete, mit dem dich zu duellieren nicht unter deiner Würde gewesen wäre, um Mitintellektuelle zu etikettieren, mit denen sich eine Diskussion auszahlte.

Hier nun erste und keinesfalls vollständige Überlegungen zum Thema, mangels persönlicher Bekanntschaft hochspekulativ, aber besser als nix.

Karl Nehammer: ein Seidl vielleicht

Katharina Nehammer: was da ist, da nehmen wir uns an der Cobra ein Beispiel.

Andreas Babler: nur gemeinsam mit Hans Peter Doskozil.

Werner Kogler: ähem.

Alexander van der Bellen: eher ein Achtel oder zwei, dazwischen geht man gemeinsam vor die Tür und schnorrt einen Tschick von ihm.

Wolfgang Sobotka: Charakterlich Gefestigte gehen ihm aus dem Weg, Impulsivere setzen sich mit ihm an einem Tisch. Sobald die Getränke serviert werden, gießen sie ihm  das eine über den Kopf, das andere in den Schritt.

Matthias Strolz: Lieber nicht.

Beate Meinl-Reisinger: ein Spritzer, wenn sie Zeit hat.

Olaf Scholz: zwei Red Bull und bisschen MDMA.

Donald Trump: um Himmels willen.

Prost und schönes Wochenende!

Freitag, 15. November 2024

Sesselpicker

 

Manchmal, o leistungsbereite Lesehäschen, fragt man sich ja schon, wo man die falsche Abzweigung genommen hat. Dies zum Beispiel, wenn man sich den anscheinend unaufhaltsamen Aufstieg des Georg Dornauer anschaut. Da haben wir noch gar nicht davon geredet, dass er offenbar nichts dabei findet, sich als gestandener Sozialdemokrat mit einer ebenso gestandenen Postfaschistin fotografieren zu lassen, die in einem ausschließlich Pin-up-tauglichen Badeanzug ihre Brüste herzeigt. Um etwaigen Sexismusvorwürfen zu begegnen: Es ist für einen SPÖler gleich unangebracht, sich mit einem Mussoliniverehrer wie mit einer Mussoliniverehrin im Beachoutfit ablichten zu lassen. Nicht die Brüste lassen den Sozialismus unglaubwürdig wirken, sondern das pseudoglamouröse Umfeld des perfekten Strandurlaubs. Dass das einen Dornauer nicht kümmert, war aber schon klar, als er sich ein Waffenverbot abholte, indem er seine Flinte nicht etwa in einem geleasten Skoda oder meinetwegen Audi, sondern in einem Porsche liegen ließ.

Für alle, denen so etwas passieren könnte, hier eine zweifellos unvollständige Liste möglicher Fehler für aufstrebende Sozis und wie man sie vermeidet.

Erstens geht man nicht mit einem Immobilienhallodri jagen, der die größte Pleite der zweiten Republik auf dem Gewissen hat und es sich aber immer noch gutgehen lässt, weil er seine Schäfchen rechtzeitig ins Trockene gebracht hat. Dies gilt generell, aber ganz besonders, wenn gegen einen ein Waffenverbot besteht.

Wenn man zweitens doch mit besagtem Hallodri auf die Jagd geht, lässt man sich dabei nicht fotografieren.

Wenn man sich drittens doch fotografieren lässt, dann nicht mit dem toten Hirschen und am Hut dem Beutebruch, den jenes Mitglied einer Jagdgesellschaft sich ansteckt, der das Wild erlegt hat. Denn – Spoiler! – das könnte den Verdacht wecken, dass man eventuell doch trotz bestehenden Verbots eine Waffe ergriffen hat.

Wenn man viertens bescheuert genug war, um gegen die ersten drei Punkte zu verstoßen, hat man immer noch die Chance, nicht die dümmste Verteidigung aller Zeiten zu bringen, nämlich: „Das war nicht mein Hut.“ Türstehern ist diese faule Ausrede für eine Ausrede von Drogenbesitzern bekannt, in der Version „das ist nicht meine Hose“.

Wenn man aber entweder ein derart hoffnungsloser Volltrottel oder ein derart ausgeschämter Beutegreifer ist, dass man das alles trotzdem tut, dann bleibt dir nur noch eines: Du machst mit eingezogenem Schwanz den Abgang ins Privatleben – na Schmäh. Natürlich nicht ins Privatleben, sondern in den Tiroler Landtag, der genauso unnedig ist wie alle Landtage und wo man als Abgeordneter genau wie in den anderen Landtagen 7.500 Euro im Monat bezieht.

Für die Zukunft lässt das Schlimmes ahnen. Denn solange wir es uns leisten können, einen derartigen – wie meine Großmutter gesagt hätte – Rotzlöffel nicht etwa durchzufüttern, sondern in die obersten eineinhalb Einkommensprozent zu katapultieren, geht es uns offenbar bei Weitem noch nicht schlecht genug.

Schönes Wochenende!

Freitag, 8. November 2024

Macksen

 

Nun ist es also raus, o enttäuschte, wenn auch nicht überraschte Lesehäschen. Das Trumpeltier ist wieder da. Vergleiche mit Diktatoren der Vergangenheit sind überzogen. Zwar hatte auch Hitler mit Alkohol nix am Hut (stattdessen pfiff er sich reichlich Meth rein). Aber soweit bekannt, hat Trump, anders als Hitler, noch beide Hoden. Zum Thema Alkohol ist festzuhalten: Altbürgermeister Häupl zählte es bekanntlich zu seinen beruflichen Aufgaben, nie ohne Spritzerglas gesichtet zu werden. Trump seinerseits soll dem kolumbianischen Nasenleckerli nicht abgeneigt sein. Wer sich erinnert, wie angenehm es war, von einem Freund des Sprühweins regiert zu werden, kann von einer Koksokratie nichts Gutes hoffen. Dass den USA eine solche bevorsteht, ergibt sich zumindest aus der Expertise der seligen Carrie Fisher. Diese twitterte einst nach einer TV-Debatte, während welcher Trump ständig die Nase hochzog, auf die Frage, ob das vielleicht vom Koksen komme: „I’m an expert & ABSOLUTELY.“

Wer jemals Wall Street gesehen hat, den wird es kaum überraschen, dass der Donald, sehr im Unterschied zu seinem Entenhausener Namensvetter, dieser Macherdroge etwas abgewinnen könnte. Dass es sich um eine solche handelt, bezeugt auch die Sprache: „Koksen“ ist, soweit euer Ergebener das ausmachen kann, das einzige Verb, das die Konsumation einer Substanz bedeutet und unmittelbar vom entsprechenden Substantiv abgeleitet ist. Man schnitzelt nicht, man biert nicht, man tabakt nicht, man heroint nicht.

Aber koksen, das kann man.

Man kann zwar weinen, schnapsen oder reisen, aber mit solchen Flachheiten brauchen wir uns nicht aufzuhalten. Auch suppen tun nur schlecht verheilende Wunden. Früher konnte man – einzige Ausnahme – auch „haschen“, und zwar nicht, wenn die Kinder einander nachliefen, sondern wenn man einen Ofen anheizte, einen Joint rauchte, kiffte oder sonstwas. Doch hat „haschen“ erhellenderweise den Sprachgebrauch verlassen, als in der öffentlichen Wahrnehmung die Trennschärfe zwischen unterschiedlichen Drogen hinreichend gestiegen war. Wer also kokst, der ist schon mittendrin im Tun. Gleich danach ist man wahrscheinlich bereit, Deals auszuhandeln, einen Handelskrieg vom Zaun zu brechen und Klimaschutzmaßnahmen rückgängig zu machen. Aus dieser Perspektive leuchtet es auch ein, dass viele Küstenstaaten sich für die Demokraten entschieden haben: Wenn das Meer vor der Haustür ist, überlegt man es sich vielleicht zweimal, ob das Wahlversprechen „let’s fuck the planet and see if it fucks back“ wirklich verlockend klingt. In Louisiana, Florida oder den Carolinas bleibt der Mut zum Risiko hingegen ungebrochen.

Schönes Wochenende!