Freitag, 26. Juni 2015

Jede Menge viel


Heute, liebe Lesehäschen, wird es wieder einmal Hardcore. Quasi ein achtminütiges Gitarrensolo unter den sprachbezogenen Wixereien, die hieramts so stattfinden, und wir alle wissen, dass die Zeit der achtminütigen Gitarrensoli bald nach der endgültigen Klärung der Frage „VHS oder Beta?“ geendet hat.

Falls jetzt die eine oder andere jüngere Leserin googlen will, was Beta (oder gar VHS) ist: Nur zu. Wir warten so lange.

Alles klar?

Na dann. Kürzlich ward mir wieder einmal Erleuchtung durch ein Feedback. Nicht selten ist dieses ja ein zweischneidiges Schwert – übrigens eine Wendung, die ich nie recht kapiert habe. Soweit ich weiß, sind doch die meisten Schwerter zweischneidig! Die einzige einschneidige Sorte Schwerter, die mir jetzt spontan einfällt, sind Säbel. Es sei denn, man will Katanas partout nicht als Säbel gelten lassen. Dann gibt es zwei Sorten einschneidige Schwerter. Aber an einem einschneidigen Schwert kann man sich doch genauso schneiden wie an einem zweischneidigen, oder? Ich zum Beispiel habe mich schon oft mit meinem bewährten Küchenmesser geschnitten, obwohl das nur auf einer Seite scharf ist.

Soviel dazu.

Was ich sagen wollte: Oft kommt einem Feedback unter, das nur zu richtig anfängt. Ja, muss man sich dann innerlich sagen, da ist mir wirklich was durchgerutscht, was besser hängen geblieben wäre. Dann macht man sich daran, die Korrektur durchzuführen und merkt: Die ist nicht besser. 

Diese Woche kam ein Texterl zu mir zurückgewackelt, das ungefähr lautete:

Da VHS trotz technischer Unterlegenheit das Rennen gemacht hat, entsorgen Sie Ihre Beta-Kassetten:

-  bis 700 kg Gesamtgewicht bzw. 1 Europalette einfach im Hausmüll

-       darüber in Problemstoffsammelzentren

Da monierte die Kundin: „darüber“ „ist etwas ugs – bitte durch „Darüber hinausgehende Menge“ ersetzen.

Erstens habe ich mich natürlich sehr übers ugs gefreut. Fast so schön wie Farkas oder Waldbrunn, der einst berichtete, jemand sei mit „Tomaten, Eiern und dergl“ beworfen worden.

Zweitens, und da hat die Frau gewiss recht, ist „darüber“ ist nicht die feinstziselierte Art, den gewünschten Sachverhalt auszudrücken. Aber wie steht es mit ihrem Lösungsvorschlag? Zuerst 700 kg, und dann eine „darüber hinausgehende Menge“? Das will nicht recht. Warum? Weil eine Menge nicht über ein Gewicht hinausgehen kann. Wir könnten kompromisshalber schreiben „Bei höherem Gesamtgewicht in Problemstoffsammelzentren“. Schauen wir, ob wir damit durchkommen. 

So. Nun wünsche ich ein schönes Wochenende. Sollte euer Videorekorder ein Band fressen, könnt ihr es vielleicht mit einem Messer wieder rauspopeln. Aber Vorsicht, das kann noch mehr ins Auge gehen als ein Gitarrensolo in Überlänge!

Freitag, 19. Juni 2015

Wohltemperierte Aufzucht


Nicht jeder pflanzt sich fort. Muss ja auch nicht sein, gibt eh so viele Leute. Sogar manche, die sich bereits fortgepflanzt haben, drängen uns die Frage auf, ob das unbedingt notwendig war. Nach erfolgreich stattgehabter Brut stellt sich jedenfalls früher oder später eine weitere kitzlige Frage. Und wozu gibt es diese Freitagskolumne, wenn nicht zur halbherzigen Klärung solcher?

Deshalb, teure Lesehäschen, will ich nicht alsbald erhellen, ob man sein Kind ein Instrument lernen lassen soll? Also, ein Musikinstrument natürlich.

Die Antwort ist, wie so oft, ein schallendes Jein. Ganz wichtig ist erst einmal genaues Hinlesen, und zwar zum entscheidenden Wort „lassen“: Falls euer Nachfahr nämlich aus menschlicher DNA gestrickt ist und nicht aus einer Mischung von Angorakaninchen und Kohlrabi, dann könnt ihr es maximal dazu zu bringen, ein Instrument zu lernen, aber nicht dazu, es lernen zu wollen. Das bedeutet: Die Willenskomponente bleibt für künftige Äonen auf euren Schultern liegen und verursacht dort unansehnliche bis schmerzhafte Druckstellen. Ein Kind zum Üben zu motivieren, dessen haben sich schon manche unterwunden. Ich bin dafür zu faul, und wenn ich mich so umsehe, kann ich mir nicht vorstellen, dass ich damit der einzige bin.

Der andere wesentliche Punkt betrifft die Art und Gattung des Instruments. Der Klassiker zum Einstieg ist ja euch heute noch sehr häufig die Blockflöte. Diese kostet nicht nur wenig, sie ist auch das vielleicht ungeeignetste Werkzeug, formbare kleine Seelen an die Wunderwelt der Harmonie heranzuführen. Der Virtuose vermag ihr jene fröhlichen Triller, jenen süßen Schmelz, jenes berückende Timbre zu entlocken, die für Eltern von Blockflötenkindern mit einem einzigen Wort charakterisiert sind: „ungeahnt“.

Bis man sie nämlich wirklich spielen kann, ist die Blockflöte das akustische Äquivalent einer Trennscheibe, und zwar einer Trennscheibe der Marke Zgonc, die schon zweimal benutzt worden ist, also, wie wir am Land sagen, einer hinichn Flex, und zwar einer hinichn Flex, mit der grade einer versucht, den Motorblock vom alten Steyr in zwei Teile zu schneiden, damit sie in die Mülltonne passen.

Wenn die Kinderflöte nicht perfekt gestimmt ist (und das ist sie nie, schon weil die billigen Musikschulmodelle die Stimmung nie lange halten) und nicht perfekt gegriffen sowie angeblasen wird (und das wird sie nie, sind ja Anfänger), fräst sie sich deshalb umstandslos durch die Ohren, weiter direkt durch den Hirnstamm und dann abwärts das Rückgrat entlang bis zu den wirklich empfindlichen Teilen, und das mit einer Geschwindigkeit und einer akustischen Zerstörungskraft, die dem Unerfahrenen Staunen abnötigen und „Todeskampf eines tollwütigen Dudelsacks“ zur Ohrwaschelwellness degradieren.

Natürlich ist der Ouput jedes Instruments stark userabhängig. Bei der Blockflöte gilt das aber leider nicht nur für das Gesamterlebnis aus Tonhöhe, Timing und weißichnochalles. Es gilt für jeden einzelnen Ton. An demselben Geburtsfehler laborieren Streichinstrumente, Blech und so weiter. Bei all diesen Gerätschaften hat ein, zum Beispiel, a nicht unbedingt 440 Hz, sondern je nach Können äh blblblbl 473,8 oder 417 gradaus. Dann klingt es leider nicht mehr wie ein a, sondern wie, zum Beispiel, eine hiniche Flex.

Das schlägt sich aufs Gemüt, deshalb gehört solches Zeug nicht in Kinderhände.

Wenn eure Kleinen gern Musik machen wollen, dann lenkt sie sanft, aber bestimmt zum Xylophon oder, noch besser, zu den Tasteninstrumenten. Tasteninstrumente sind der beste Freund des mithörenden Elternteils. Ob klassischer Flügel, bescheidene Melodika, Heimorgel, vielseitiges und preisgünstiges Keyboard oder das Spinett für Angeber: Sie alle liefern immer ein, zum Beispiel, C, wenn man hinten auf die Taste fürs C drückt. Und sie alle entbehren der durch Mark und Bein gehenden Schärfe der Blockflöte. Für Blockflöte ist dann in der Pense noch Zeit, da ist man eh viel allein.

Denkt an meine Worte, wenn es so weit ist. Ihr werdet es mir danken.

Schönes Wochenende!

Freitag, 12. Juni 2015

Richtig ist vielmehr


Verehrte Lesehäschen, es ist heiß. Beinahe zu heiß zum Lesen, sagt ihr? Ich kann euch hören. Aber bedenkt: Wenn euch BEINAHE zu heiß zum Lesen ist, ist mir dann noch kühl genug zum Kolumnieren? Urteilt selbst.

Als erster Punkt steht auf unserer Tagesordnung ein Wort, das nicht so tautologisch ist, wie es daherkommt: die Teamcrew. Sie ward mir vor Jahren schon vom Kunden (natürlich!) überreicht, doch erst jetzt hat ihr Stern mir zu funkeln begonnen. Die Teamcrew scheint doppelt, ist aber höchstens anderthalbfach gemoppelt. Denn es geht ja nicht nur um dein Team, das gleichzeitig deine Crew ist, somit entweder das eine oder das andere sein könnte, aber nicht beides. Vielmehr brauchst du für die fragliche Veranstaltung, die hier nichts zur Sache tut, eine Crew. Deren Mitglieder haust du aber nicht auf der Laxenburgerstraße vor dem Obi an, indem du mit einem Fünfziger wachelst. Vielmehr rekrutieren sie sich aus dem Team, mit dem gemeinsam du deinen Lebensunterhalt verdienst. So klärt sich die Sache: Die Teamcrew ist eine Crew, die nicht nur aus Crew- sondern gleichzeitig aus Teammitgliedern besteht. Eine Teamcrew eben.

Ergab die Teamcrew auf den zweiten Blick Sinn, so ergeht es uns mit unserem nächsten Kandidaten umgekehrt. Auszuloben war ein Selfmailer, der außen eine Perforation hat, sodass man einen Teil abreißen kann. Im Kundenwording ergab das eine Außenseite mit abreißbarer Perforation. Das scheint einzuleuchten, dann aber doch nicht. Wo eine Perfo ist, kann man alles Mögliche abreißen, nur nicht die Perfo selbst. Unser Kunde war freilich anderer Ansicht.

So auch beim Feedback der Woche. Es ging um die Frage, ob dudenkonform „1.800-mal“ zu schreiben sei oder kundenkonform „1.800 Mal“. Die Antwort war einfach: „Ich weiß, laut Duden korrekt, aber finde ich persönlich nicht schön und nicht gut von der Lesbarkeit her, deshalb bitte adaptieren.“

Damit hätten wir das auch geklärt. Schönes Wochenende!