Weil
ihr so aufgeweckte Cyberhäschen seid, habt auch ihr einst so manche Mußeminute
damit vertändelt, euch zu fragen, worin eigentlich das Geschäftsmodell von facebook bestehe. Mittlerweile scheint
das Rätsel gelöst (Weltherrschaft durch Ersticken jeglicher Gegenwehr mit einer
Mischung aus Neid- und Fadesse-Content, der von den Opfern / Usern selbst
erstellt wird). Doch lange war es legitim, darüber zu diskutieren, wann und wie
die Transsubstantiation von Information in etwas Brauchbares stattfinde. Über
Transsubstantiationen weiß man ja in der Regel recht gut Bescheid. In der katholischen Eucharistie beispielsweise
lässt sich jener Augenblick wie mit einer Präpariernadel fixieren, in dem das
Brot zu Fleisch wird.
Bei
facebook war es schwieriger, und für
mich ist es gerade ebenso schwierig.
Letztens
nämlich war ich mit meinem manchen von euch bekannten Herrn Hund durch die Stadt unterwegs. Wie das schon so ist, der
Hund macht sein Ding, markiert gelegentlich, das Herrl ist mit den Gedanken
woanders, niemandem wird wehgetan.
Als
ich plötzlich von hinten ein eher barsches „Entschuldigen Sie!“ vernahm.
Im
Umdrehen sah ich mich einem Herrn gegenüber, der soeben aus einem Bürolokal im
Parterre geschossen war. Er erklärte mir, mein Herr Hund habe sein Auto „angepisst“ (so er), und er erwarte von
mir, die Besudelung zu beheben.
Nun
bin ich schon bekannt harmoniesüchtig.
Wenn ich etwas noch mehr bin als harmoniesüchtig, dann ist es feig. Und wenn ich etwas noch mehr bin
als feig, dann ist es neugierig. So
etwas war mir noch nicht widerfahren. Also erklärte ich mich selbstverständlich
zum Reinigungseinsatz bereit. Ich wartete sogar brav, bis der aufgebrachte Herr
mit einer Wasserkaraffe und einer Küchenrolle wiederkehrte, und dann wischte
ich ebenso brav über den linken vorderen Frontspoiler des beleidigten BMW, freilich ohne dass ein Effekt erkennbar
gewesen wäre. Dann verabschiedete ich mich freundlich und ging meiner Wege.
(Kleiner
Exkurs: Soweit ich sehe, ist es natürlich unhöflich, seinen Hund einen
Frontspoiler anpinkeln zu lassen. Mehr aber auch nicht, denn einem unter
normalen Bedingungen benützten Automobil stößt dabei nichts hygienisch Nennenswertes
zu, besonders nicht in einer Stadt, in der es auch Tauben und Fiakerpferde gibt.
Etwas anderes wäre es natürlich, wenn z. B. eine Dogge en passant den Türgriff abschmeckt.)
Die
Frage ist nun, für wen von uns es sich ausgezahlt
hat. Denn wenn es darum ging, die Nettourination des Wagens zu beeinflussen,
war die kleine Performance natürlich nutzlos. Der Herr Hund hat sich ja nicht
über den Spoiler entleert, weil er eine Abneigung gegen bayrische Premiummarken
hätte. Er hat diesen nur markiert, wie sichtlich schon fünf andere vor ihm und
vermutlich ein Dutzend weitere nach ihm.
Dem
Mann bleibt als Gewinn somit nur der zweifellos sehr, sehr schöne, aber auch
sehr vergängliche Glücksmoment, der
ihm ward, als ein Hundehalter seinen Wagen befeuchtete.
Doch
war dieser Glücksmoment nicht gratis. Er hat dafür bezahlt, und weil wir 2015
schreiben, hat er dafür mit Informationen
bezahlt.
Denn
ich weiß jetzt nicht nur,
wie
und wo der Mann sein Geld verdient,
was
für ein Auto er fährt
und
welches Kennzeichen dieses hat.
Ich
weiß selbstverständlich auch, wie er heißt.
Und
vor allem weiß ich, dass er ein Mensch ist, den man im Tausch für einen kleinen
Triumph um Wasser und Küchenrolle schicken kann.
Die
Geschmäcker sind natürlich verschieden. Aber ich würde so ein Paket an persönlichen Informationen
nicht dem nächstbesten Hundehalter in den Schoß werfen. Ich hoffe also, für den
Herrn hat es sich gelohnt.
Für
mich bleibt die Frage, was ich jetzt mit den Daten anfange. Was würde Mark Zuckerberg tun? Ist es
schon Zeit für einen Börsegang?
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