Welcome, Bienvenue und herzlich Willkommen zurück bei BamF,
der Heimat aller tschickstummelrelevanten
Überlegungen, Betrachtungen und Informationen! Die Frage zum Tage lautet, ob
der Umgang mit Tschickstummeln Schlüsse auf größere gesellschaftliche
Zusammenhänge zulässt. Raymond Chandler ließ seinen Philip Marlowe einst konstatieren, dass ein bestimmtes Hotel von
seinen Gästen in puncto Lebensart so gut wie nichts erwarte, weil nämlich in
den Zimmern auf jeder horizontalen Oberfläche ein Aschenbecher zu finden sei.
Ich denke, dass der alte Phil sich da heute schwerer täte.
Der bloße Mangel an Tschickstummelrezeptakeln sagt noch gar nichts über die kulturelle Stufe, auf der die
Geschäftsführung ihre Klientel anzutreffen hofft. Es sagt bloß, dass sich heute
nur noch so harte Hunde beziehungsweise vaterlandslose Gesellen in einem
Nichtraucherzimmer zu rauchen trauen, dass Asche auf dem Teppich danach sicher
das geringste Problem fürs beflissene Servicepersonal ist. Rock’n’Roll!
Noch in meiner Kindheit war das anders. Sogar in meinem nie
und niemals berauchten Elternhaus gab es den einen oder andern Aschenbecher.
Dass sie nicht benützt wurden, steht auf einem anderen Blatt. Keine
Aschenbecher (echt!) gab es hingegen (und da reden wir von diesem Jahrtausend)
auf der Straße. Tschickstummel wurden im öffentlichen Raum weggeworfen und in der Regel ausgetreten. Darüber beschwerte sich
niemand, weil es, wie kürzlich schon angedeutet, reichlich Dinge gibt, in die
man noch viel weniger hineintreten will. Einen Tschickstummel nahm man gar
nicht wahr.
Heute hingegen sind Aschenbecher zwar in den Wohnungen rar
geworden (vermute ich zumindest), dafür ist der öffentliche Raum damit
überreich versehen. Denn wir haben ein Stadium erreicht, wo uns Tschickstummel
auf der Straße stören. Ich erinnere mich dunkel an meinen ersten Besuch in Zürich, vor ungefähr 25 Jahren. Damals
schien mir jene Metropole im Vergleich zu Wien geradezu aufdringlich
geschleckt, ein Disneyland des
gehobenen Kapitalismus, in dem nur Bentley-Schlüsselanhänger
in Goldbarrenform den Fingernagel auf der Schultafel gaben. Heute hat sich das
alles eingeebnet, und wir entsorgen Tschickstummel auch in Wien in
entsprechende Anbauteile der öffentlichen Mistkübel. Wie ich kürzlich munkeln
habe hören, steht diesen ein Redesign
bevor, weil es nämlich aus ihnen ungebührlich stark herausraucht. Jaja, wenn
man mit so etwas einmal anfängt, kann man nicht mehr aufhören, das ist wie
Putzen. Da sieht man dann auch nicht, wie sauber es in diesem Zimmer ist,
sondern wie schmutzig das benachbarte.
Ach ja, das Chandler-Zitat lautet: [E]verything you could put a drink down on had a plate glass top and
there were nineteen ash trays spotted around. A hotel room is a pretty sharp
indication of the manners of the guests. The Ritz-Beverly wasn't expecting them
to have any. Damit sind wir wieder bei der Frage zum Tage angelangt: Was
lässt sich aus der flächendeckenden Ausrüstung der Stadt mit Aschenbechern auf
die Mutmaßungen der Verantwortlichen betreffend die Manieren, die uns
Stadtbenützern eignen, schließen?
Halten sie uns für hinreichend wohlerzogen, um die
dargebotenen Tschickstummelschlucker auch zu nutzen?
Oder sind wir in ihren Augen so hoffnungslose Lumpenhunde, dass man uns alle Naslang
einen Aschenbecher hinstrecken muss, damit wir die Stadt nicht anzünden? Haben
qualifizierte Mathematiker ausgetüftelt, wo die Grenze der Aschenbecherdichte
liegt, unterhalb welcher die Tschickstummel dann eh wieder auf der Straße
landen? Vor allem auch: Die öffentlichen Aschenbecher wurden ja an die
vorhandenen Mistkübel montiert. Ist der durchschnittliche User bereit, einen zu
entsorgenden Tschickstummel ebenso weit zu tragen wie, sagen wir, ein
gebrauchtes Taschentuch? Gibt es da Studien? Fragen über Fragen. Klar ist nur:
Im Vergleich zum Ritz-Beverly Hotel ermangelt Wien ausreichender Flächen zum
Abstellen unserer Drinks.

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