Ich weiß, ich weiß, ihr seid ganz heiß. Heiß auf die News
aus der Tschickstummelszene, die Konzerne und Regierungen vor euch geheimhalten
wollen. Keine Angst, in Kürze geht es weiter mit eurem Lieblingsthema. Wer
hätte gedacht, dass Tschickstummel so spannend sein können! Heute haben wir
aber etwas anderes zu klären. Es geht um Wendy,
laut derstandard.at „Aktionskünstlerin
und Stripperin“. Zwischen ihren beiden Tätigkeitsfeldern hat sie glücklich
die Direttissima gefunden, eine schnurgerade Linie, die zum Beispiel entlang
dem Donaukanal oder durch den Volksgarten führt und auf der sie, so dürfen wir
uns das zumindest vorstellen, entlangmarschiert, wie Gott sie geschaffen hat,
nämlich nackt, aber ohne Gewinnstreben, denn letzteres macht den Unterschied,
ob Wendy ihren Stripperinnenhut (und
nur diesen) oder den einer Aktionskünstlerin trägt. Sie teste, so wird
berichtet, auf diese Weise „die Geduld
und Reaktionen der Wiener“. (Hierin versteckt sich übrigens ein kleines Zeugma, einst eines unserer
Lieblingsthemen in dieser Kolumne, bevor der Tschickstummel kam. Wer es findet,
kriegt einen Tschickstummel.) „Wirklich
schlechte Erfahrungen hätte sie noch nie damit gemacht“, heißt es im wieder
einmal zu forsch gesetzten Konjunktiv II statt I weiter, mit der Begründung: „achtet sie ja auch immer schön brav auf
kleine Kinder und Burkas“. Selbst wenn wir die Burka als pars pro toto für
ihre Trägerin gelten lassen, schwelen in mir Zweifel daran, dass kleine Kinder sich
in vergleichbarer Weise von einer nackten Blondine belästigt fühlen könnten wie
Musliminnen bestimmter strenger Glaubensvariationen. Die Frage, was die Tante
denn da macht, richtet sich gewiss eher an die Mama als an Allah.
Doch darum geht es nicht. Viel wichtiger ist das ja,
zu dem wir in Wien ja eine engere Beziehung unterhalten als die Leute anderswo.
Denn in weiten Teilen des deutschen Sprachraums kennt man zwar nur eine
Verneinung („nein“), aber zwei
Bejahungen, nämlich einmal die zustimmende: Machen
wir uns nackig? – Ja! und die widersprechende: Kannst du mir nicht mit dem BH helfen? – Doch! In Wien gibt es nur
eine, nämlich ja, im
Widerspruchsfalle verstärkt durch ein o:
Du hast jetzt nicht hergeschaut, oder? – O ja!
Deshalb ist uns das ja
hier so teuer, dass wir nicht davon lassen können. Selbst nicht in Fällen wie
dem vorliegenden, in dem etwas Merkwürdiges geschehen ist. Denn man würde wohl
sagen: Schlechte Erfahrungen habe ich nie
gemacht. Ich achte ja immer auf Burkas.
Schließt sich aber der zweite Teil als Nebensatz an, dann
klappt es mit dem ja nicht mehr,
sondern: Schlechte Erfahrungen habe ich
nie gemacht, achte ich DOCH immer auf Burkas. Was ist das Merkwürdige? Die
Wortarten haben miteinander Unfug getrieben, wie Gott sie schuf, und die Autorin
hat sich nicht mehr ausgekannt. Denn ja bleibt
immer Partikel. Doch hingegen ist als bejahende Antwort auf eine negative Frage
zwar ebenfalls ein Partikel. Dieses doch
ist aber nicht dasselbe wie das Adverb
doch, das wir hier gebraucht hätten
und das einen begründenden Adverbialsatz anzeigt. So hat vor lauter Hitze auch
die Sprache sich freigemacht, und man sieht Dinge, die man nicht unbedingt
sehen wollte. Wie bei den Leuten halt.
Zum Abschied noch eine weitere Zeitungsperle: Der Kauf von LinkedIn könnte zur Offensive
werden, die nach hinten losgeht. Die Sphären der Metaphern passen eh
zusammen, aber irgendwie will es doch nicht so recht.
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