Erstens habe ich, es ist schon einige Monate her, einen
langen Artikel von einer jungen Frau gelesen, die erklärt hat, wie es jungen
Frauen heute so geht: Es gebe praktisch
keine strukturelle Benachteiligung mehr, sie setzen ihren Charme ein, um etwas
zu erreichen, und sie suchen sich ein „Gegenüber auf Augenhöhe“ eher unter
deutlich älteren Männern, weil die jungen solche Wappler sind. (Dieses ist
natürlich für den Zweckdichter, diesen alten Lustsack, eine interessante Neuigkeit.) Abgesehen davon, dass ich gerne
von weiteren Fällen höre, wo eine im fünften Monat Schwangere zwei männlichen Bewerbern
für eine Stelle vorgezogen wird, hat mich die ganze Geschichte von der neuen
Superheit des Frauseins an eine Geschichte erinnert, die ich kürzlich von einer
sehr geschätzten Tante gehört habe, einer Tante, die mittlerweile die 80 hinter
sich gelassen hat, was ihrer generellen Coolness
keinen Abbruch tut. Die hat mir erzählt, dass sie in ihrer Kindheit (sie war
die Älteste) gemeinsam mit ihren beiden Schwestern von ihrer Mutter (also meiner
Großmutter) routinemäßig zu allen möglichen Arbeiten im Haus herangezogen
wurde. Eines Tages stellten sich die
drei auf die Hinterbeine und wollten von ihrer Mutter wissen, weshalb sie
ständig Tisch decken, Hühner füttern, Geschirr spülen und weiß der Geier was
noch alles mussten, während ihren vier faulen Rabauken von Brüdern nichts von
alledem abverlangt wurde.
Meine Großmutter lieferte prompt: „Wozu habe ich drei Töchter, wenn ich dann auch noch die Söhne im Haus
arbeiten heißen soll!“
Man sieht daraus, dass es der Feminismus sehr weit gebracht
hat. Wenn ich den gedachten Artikel noch einmal überfliege, denke ich mir, dass
er es vielleicht schon so weit gebracht hat wie die sprichwörtlich
denaturierten Stadtkinder, die glauben, dass Milch aus der Steckdose kommt. Ich
rate, die feministischen Errungenschaften nicht gering zu schätzen und sich
eher weniger über Männer zu mokieren, die einem beim ersten Date erklären, sie
wären schon auch bereit, in Elternzeit zu gehen. Denn die Weisheit lautet, dass
man sich nie sicher sein soll. Leicht gerät man an einen sehr sympathischen,
völlig unverwappelten Mann auf Augenhöhe, von dem man Gleiches überhaupt nie zu
hören bekommen wird.
Zweitens hat es auch die Fastfertigfutter-Werbung weit gebracht. Früher verhieß man uns gerne
Knuspriges, Herzhaftes, Leichtes, mitunter auch bloß Heißes oder Schnelles, Hauptsache, es ging mit wenig Geschirr und ohne dass man Sachen kleinschneiden musste. Diese
finsteren Zeiten haben wir glücklich hinter uns gebracht. Die Strategen von Knorr
haben herausgekriegt, was der moderne Convenience-Food-User
auf dem Teller haben will. Ist es Frische? Geschmack? Aroma? Nein. Es ist vor
allem „authentisches Essen“.
Endlich! kann man da nur seufzen und sich freuen, dass man genau an diesem
Punkt der Ernährungsgeschichte durchs Zeitfenster schauen darf, so auf halbem
Wege zwischen der Raviolidose von Inzersdorfer (authentisch wie bitte?, Essen räusper) und Soylent Green
(extrem authentisch, denn It’s people!,
aber ob man es essen mag, ist halt eine sehr persönliche Frage). Schön, dass
man sich bei Knorr dazu durchgerungen hat, uns endlich Essen als Essen zu
verkaufen, anstelle von manwillsichgarnichtvorstellenwas.
Da sage noch einer, dass es in der Werbung zu wenig Ehrlichkeit gibt!
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