Freitag, 24. Februar 2017

Lesefrüchte

Ach Häschen, es reicht. Schluss mit Trump, Bildung, Kultur, Schluss sogar mit Tschickstummeln. Wer einen Tschickstummelblog lesen will, schreibe ihn sich selber. Hier werden heute die niedrigen Instinkte bedient: Zeitung lesen, Fehler finden und das auch noch lustig finden. Los geht’s, und sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.
Warum gewarnt? Weil ich den Anflug eines schlechten Gewissens verspüre. Bei aller Liebe: Wer im Standard nach geschossenen Böcken sucht, der grast wahrscheinlich auch das Billa-Kühlregal nach Schutzatmosphäre ab oder durchforstet den Wienerwald nach Mountainbikern.
Zum Beispiel erfahren wir von unserem angehenden Lieblingsdiktator-Azubi Erdogan, er werde „Führer“ oder „reis“ genannt. Und zwar von wem? Von seinen Anhängern. Und zwar wie? Huldvoll.
Na fast, lieber Standard. „Huldvoll“ lässt sich der weltgrößte Böhmermann-Fan diese Anrede vielleicht gefallen. Ausgesprochen wird sie aber ehrerbietig. Das ist so, wie wenn man die Stilblüten in einer Standard-Nummer Revue passieren lässt: Ihre Menge ist betrüblich, und wir sind darob betrübt.
Die Briten haben es nicht leicht, und nicht nur wegen der Brexit-Geschichte, die ihnen anscheinend so unterlaufen ist wie unsereinem ein Klingelstreich: Schnell mal die übrigen Mitgliedsstaaten aus dem Bett läuten, und dann nix wie weg. Nein, es ist ihnen auch eine Waffe aus dem Ruder gelaufen. Dies geschah nach dem Abschuss einer ohne Atomsprengkopfversehenen Rakete. Das Gegenteil von mit ist leider in dieser Konstruktion nicht ohne, sondern nicht mit. Und dann? Sie wurde rechtzeitig zerstört, ohne Schaden anzurichten, was man von diesem Satz nicht behaupten kann. Erstens ist das Subjekt des Hauptsatzes zwar formal dasselbe wie in der Infinitivgruppe (nämlich die Rakete). Tatsächlich hat aber das das Militär die Rakete zerstört, sodass jene daraufhin keinen Schaden anrichten konnte.
Zweitens kostet so eine Rakete etwa 20 Millionen Pfund. Es kann leider keine Rede davon sein, dass kein Schaden entstanden ist.
Auch Gambia hatte Sorgen. Und zwar voreinem Putsch Jammeh-treuer Truppenteile. Eine besorgniserregende Formulierung, denn bisher machte man sich Sorgen um etwas, auch wegen etwas oder dass etwas geschehen könnte. Die Sorge vor etwas ist aber neu. Ich nehme an, den Journalisten juckte schon die Sorge um einen Putsch in den Fingerspitzen, als ihm einfiel, dass man sich um einen Putsch doch nicht sorgt. Wegen eines Putsches war ihm dann zu sperrig, und er rettete sich mit der Überlegung, dass man sich ja Sorgen macht, bevor etwas geschieht. Ich bin trotzdem dagegen.
Wir schließen mit einem Blick in den Webstandard, weil es so leicht geht. Hier den i-Tüpferlreiter zu geben, das ist wie shooting fish in a barrel. (Eine ebenso bild- wie rätselhafte Wendung, denn wer bugsiert Fische in ein Fass, um dann auf sie zu schießen? Da wird doch das Fass kaputt?) Erschienen ist nämlich der angeblich letzte Teil der allseits geschätzten Resident-Evil-Reihe, in dem es ordentlich zur Sache gehen dürfte. Der Standard-Testspieler berichtet, dass er sich vor der vor Maden triefenden Küche geekelt hat, ähnlich wie wir vor dem vor vor triefenden Satz, wobei das Wort vor mindestens ebenso viskos ist wie die gedachten Maden. Danach war nichts Rechtes mehr mit dem Spieler anzufangen, denn: Auf einen knochenharten Endkampf kann eine praktisch gewaltlose Stunde in Form eines Story-Flashbacks folgen, die das Nervengerüst nicht weniger schont. Woraus wir lernen, dass ein Endkampf nicht nur nicht das Ende ist, sondern geradezu die Benchmark für Nervenschonung setzt, an der sich eine gewaltlose Stunde messen lassen muss.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen