Wenn ich ihr wäre, o teure Häschen, würde ich noch eine
Runde irgendwohin fahren. Denn in Zukunft wird das wahrscheinlich schwieriger
werden. Dafür sorgt z. B. Nicolas Hulot, Frankreichs Minister für Umwelt und
Energie. Er hat angekündigt, plusminus 17 der 58 französischen Atomkraftwerke
zu schließen, und er will außerdem bis 2040 den Verbrennungsmotor aus dem
Straßenverkehr eliminieren. Das ist natürlich löblich, aber ich misstraue dem
Urteilsvermögen des Monsieur Hulot, den der Standard
offensichtlich in einem Anfall von Ironie als „Umwelt-Realo“ apostrophiert: Er kontert den Aufschrei der
Automobilindustrie (Stromerzeugung drosseln und Verbrennungsmotor verbieten –
wie soll das gehen?) mit dem Hinweis, „neueBatterien würden rasch entwickelt“. Wow! Damit hat dieser Tausendsassa nicht nur das Problem der
Mobilität gelöst, sondern auch gleich alle anderen: Welthunger? Einfach mehr Lager
für Lebensmittel bauen, die füllen sich von selbst. Schulabgänger können nicht lesen?
Druckt mehr Bücher! Impfstoffe fehlen? Kein Problem, wir müssen nur genügend
Injektionsspritzen auf Halde legen. Und so weiter und so fort. Wir heißen Herrn
Hulot herzlich willkommen am Facepalm-Punkt:
Jenem Punkt, wo man sich als normaler Mensch an den Kopf greift und
denselben ratlos schüttelt vor der Frage, wie ein Wichtiger eigentlich wichtig
geworden sei? (Ich weiß schon, dass man nachhaltig mit dem Zug fahren soll und nicht
mit dem Auto. Aber als ich zuletzt nachgeschaut habe, haben Züge auch Strom
gebraucht.)
Besonders vielversprechend ist der Ansatz von Monsieur Hulot,
weil auf Seiten der Automobilindustrie kongeniale
Gegenüber wie Volvo-CEO Håkan Samuelsson warten, der in einem ausführlichen
ZEIT-Interview ungefähr überhaupt
nichts Sinnvolles rausgelassen hat. Er ist zwar sicher, dass Volvo in drei
Jahren fünf verschiedene Elektromodelle anbieten wird, aber der Rest wird sich
zeigen, beziehungsweise eben nicht zeigen, sondern mit Bullshit gedüngt, auf dass bald Dividendenblümlein sprießen.
Samuelsson spintisiert zum Beispiel von einem Auto-Abo, in dem man eine monatliche Flatrate zahlt und alle zwei
Jahre ein neues Auto bekommt. Was man mit den Rückläufern plane, will der ZEIT-Interviewer wissen. Denn alte
E-Autos kann man ja nicht, wie alte Verbrenner, irgendwann nach Afrika
verschiffen, wo sie fahren, bis sie zerfallen. „Das müssen wir berücksichtigen, wenn es so weit ist. [...]Wir müssen
[...] erst einmal ein Gefühl dafür bekommen...“ Man kann nur hoffen, dass
das Gefühl innerhalb der nächsten
vier, fünf Jahre entsteht. Dann sind ja, so Herr Saemuelsson, die ersten
Gebraucht-Abo-Fahrzeuge zu erwarten. Ich für mein Teil habe jetzt schon ein
Gefühl: das Gefühl, dass um obgedachte Rückläufer kein großes G’riss sein wird,
weil alle potenziellen Käufer schon einmal ein Handy gehabt haben und sich
deshalb hüten werden, einen wahrscheinlich fünfstelligen Betrag in eine
Gerätschaft zu investieren, über deren Akkuvorleben man nichts Genaues weiß.
Von den Umständen, unter denen die für Hochleistungsakkus erforderlichen
Seltenen Erden abgebaut werden, schweige ich, wir wollen uns ja nicht das
Wochenende versauen.
Ähnlich locker im Umgang mit dem, was der Fall ist, zeigt
sich mitunter auch die gute alte ZEIT selber,
im konkreten Fall ein Herr namens Sebastian Preuss, der in einem Artikel überalte Möbel kundtut, dass 8.700 Euro für
viele Menschen zwei oder drei Monatseinkommen sind. Hier fehlt nur noch der
Hinweis, dass jene doch Kuchen essen sollen.
Schönes Wochenende und bis später, denn euer Kolumnator
verabschiedet sich in den Urlaub.