Dass früher, o vielgeliebte Lesehäschen, alles besser war, ist ja nichts Neues. Gerne sei wieder an jene frühere Kollegin erinnert, die einmal darauf hinwies, dass „gestern Sonntag“ war. Noch besser aber: Vorgestern war Samstag, und damit die ideale Gelegenheit, um sich ein lecker Bierchen zu gönnen. Einst war die präferierte Bierchensorte eine Frage des Geschmacks, und ob man sich die Zunge von einer ausbalancierten Komposition aus Malz- und Hopfennoten umschmeicheln ließ oder einfach ein Pils kippte, weil es eh schon wurscht war, blieb jedem selber überlassen.
Heute hat der belebende Trank seine Unschuld verloren – also nicht das Bier als solches, aber das eine oder andere, womit wir beim Problem sind. Euer Kolumnator outet sich nämlich hiermit als Freund des Mohrenbiers, weil es ihm gut schmeckt. Dass das Mohrenbier so heißt, wie es heißt, geht ja in Ordnung, denn warum hätte der Mohr keine Mohrenbrauerei gründen sollen! Schwierig wird es hingegen mit dem auf dem Etikett abgebildeten Kopf, der offensichtlich nicht jener des Herr Mohr, sondern eine unangenehm tendenziöse Darstellung ist. Weil das Auge, dieses unersättliche Organ (Doderer, schau oba!) nicht nur mitisst, sondern auch mittrinkt, begibt sich der sensible Konsument auf die Suche nach geeignetem Ersatz. Im gutsortierten Fachhandel wurden vier Sorten ohne rassistische Abbildungen empfohlen, die besagter Konsument schweren Herzens (weil das Mohrenbier wirklich sehr gut schmeckt) zwecks Verkostung heimwärts trug. Die Verkostung steht großteils noch aus, aber eine Sichtung der Etiketten lässt nichts Gutes vermuten.
Hadmar Bio-Bier ist, so verrät der Hersteller Weitra Bräu, nach Hadmar II. benannt, einem Adligen des 12. Jahrhunderts (oder des 12. Jh., oder des 12. Jh.s, nicht aber des 12. Jhs., weil nämlich Abkürzungen auf Wunsch gebeugt werden dürfen, wobei die Beugungsendung genau dann vor den Abkürzungspunkt kommt, wenn die Abkürzung mit demselben Buchstaben endet wie das abgekürzte Wort, sodass eine Enzyklopädie „24 Bde.“ haben kann, während Hadmar keine Persönlichkeit des „12. Jhs.“ gewesen ist – Bildungsauftrag erfüllt!).
Besagter Hadmar ist auch auf dem Etikett zu sehen und garantiert rassismusfrei dargestellt. Das ist auf den zweiten Blick auch kein Wunder, und auf den dritten Blick drängt sich die Frage auf, ob die Ablöse eines generischen Rassismusbildes durch eines, das einen privilegierten Hodenträger aus finsteren Zeiten verherrlicht, echt den Bierwechsel wert ist. Euer Ergebener tendiert dagegen, hat aber das fragliche Bier noch nicht verkostet.
Als nächstes Ersatzbräu wartet Augustiner Lagerbier hell, und hier genügt leider der erste Blick: Auf dem Etikett grinst ein korpulenter Ordensmann, der anscheinend aus lauter Schadenfreude ob der Greuel der Gegenreformation das eine oder andere Helle über den Durst gezwitschert hat. Danke, weiterbeten!
Wir kommen zum Obertrumer Zwickl, das nicht schlecht schmeckt, wenngleich es überreich mit Kohlensäure gesegnet ist. Das Etikett aber: Eine junge Frau im tief ausgeschnittenen Dirndl mit unnatürlicher Sisi-Taille, dargestellt in einem Stil, gegen den Michael Jeannée ein Meister der feinen Klinge ist, hat ihren Lebensinhalt anscheinend darin gefunden, anderen Leuten überschäumende Bierkrüge nachzutragen. Wie das gender- und rassismussensible Zweckdichterbalg feststellte: Da ist es dann auch schon wurscht, ob die Frauen oder die Leute of color beleidigt werden.
Es bleibt das Freistädter Ratsherrn Premium, das immerhin ganz ohne Bild auskommt. Aber seien wir ehrlich: Die Kombination aus Heißfolienprägung à la 2003 und angeberischem Alte-weiße-Männer-Titel ist dadurch auch nicht zu retten.
Das traurige Fazit der Suche nach der unanstößigen, aber brauunionfernen (schließlich soll das Zeug ja auch getrunken werden!) Mohrenablöse lautet also: Es kann schon sein, dass Bier nicht deppert ist. Über das Gebinde ist damit aber leider noch nichts gesagt. Man bringe den Spritzwein!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen