Samstag, 26. Dezember 2020

Reimschleim 2020


 

Dürfen wir jetzt wirklich zu zehnt?

Hat der Kanzler da was erwähnt?

Gilt jede Ausnahme, Hauptsache, man feiert?

Scheint es, dass die Regierung heftig rumeiert?

 

Wenn auf alles ein schallendes „eh klar“ ertönt,

der Zoo zu hat und der Eislaufplatz offen.

Dann hast du dich mit dem Daheimsein versöhnt.

dann ist Pandemie, dann sind wir betroffen.

 

Ich hoffe, du hattest es halbwegs erträglich.

Du hoffst, das nächste Jahr wird bald alltäglich.

Wir hoffen, dass wenigstens Weihnachten smooth rennt.

Denn 2020 braucht jetzt: ein Happy End!

Freitag, 18. Dezember 2020

Angst vor Fliegen

 

Mein lieben Lesehäschen, der Teufel liegt im Detail. Das gilt besonders dann, wenn man (jaja, Pandemie!) nichts besseres zu tun hat, als sich mit der korrekten Aussaat von Beistrichen (für die nördlichen Häschen: Kommata) zu befassen. Der Beistrich ist ja der Fliegenschiss unter den Satzzeichen, woher der bekannte satanische Ehrentitel Herr der Fliegen rührt. Wie ein Fliegenschiss an der ansonsten klaren Fensterscheibe zieht auch der unrichtig gesetzte Beistrich betretene Blicke auf sich, ist aber noch schlimmer als jener: Glänzt der Fliegenschiss durch Abwesenheit, so ist alles paletti, während der Beistrich ebenso schmerzlich fehlen kann, wie er, wenn überflüssig, stört. Wie man es also macht, kann es falsch sein, woraus man immerhin ersieht, dass die Sprache lebendig ist, weil es im Leben nicht anders ist.

Obzwar alle Beistriche grundsätzlich gleich wichtig sind, gibt es natürlich welche, die gleicher wichtiger sind, weil sie an exponierter Stelle stehen, also zum Beispiel am Anfang und Ende einer WhatsApp, die wahrscheinlich jemand über 40 verfasst hat, weil kein Schwein unter 40 auf die Idee käme, auf WhatsApp Begrüßungs- und Abschiedsfloskeln zu verwenden.

Da kommt es jetzt auf die Fliegenschisse an.

 

Liebe Lesehäschen,

dass am Anfang ein Beistrich steht, am Ende aber nicht, hat sich wohl schon herumgesprochen.

Mit herzlichem Gruße

dein Zweckdichter

 

Wie man sieht, wird eine Anrede mit Beistrich abgetrennt (also ihr, „Liebe Lesehäschen“), während „Mit herzlichem Gruße“ keine Anrede ist und daher auch keinen Beistrich abkriegt.

Weil aber der Teufel vom Fliegenherumkommandieren nicht müde wird, schläft er nicht. Das Ende der fliegenverdreckten Fahnenstange ist daher noch nicht erreicht. Denn auch ein Ausruf kann eine Begrüßung sein, wenn du deines alten Kumpels Sebastians ansichtig wirst und fröhlich krähst: Hallo Sebastian! Oder du krähst stattdessen Hallo, Sebastian! Denn die einschlägige Regel hält fest, dass man Ausrufe hervorheben darf, aber nicht muss. Du kannst also schreiben:

Ach, wie weh tut mir der Mangel an evidenzbasiertem Handeln.

Aber auch:

Ach lasst mich doch in Ruhe mit euren Verschärfungen.

Der Beistrich hängt nur davon ab, aus welcher Tiefenzone deines Herzens sich dir ein ach entringt.

Freilich gibt es auch Ausrufe, die von Haus aus keinen Beistrich vertragen:

O Sebastian, gehe in dich und lerne Zahlen korrekt zu interpretieren.

Hier passt kein Beistrich hinters O und kein Fliegenschiss auf die fragliche Kompetenz, weil weder im einen noch im anderen Fall genügend Raum für das eine oder andere vorhanden ist.

Solltest du, kontaktfreudiges Häschen, nun etwas zu formulieren haben, das mit Hallo beginnt, wie hältst du es dann mit dem Beistrich?

Mein Rat: je nachdem.

Ein Hallo, Sebastian, ist gar beistrichreich, hier empfehle ich Mäßigung: Der Beistrich nach Sebi genügt. Ist Sebastian aber schwer von Begriff, sodass du dich erneut an ihn wendest, mit einem immer noch fröhlichen Hallo nochmals, Sebastian, dann ist hier ein Beistrich nicht verkehrt, damit man gleich weiß, dass es um ein nochmaliges Hallo geht und nicht um einen erneuten Sebastian, wäre ja noch schöner. Ja, so ist das mit den Fliegenschissen.

Schönes Wochenende!

Freitag, 11. Dezember 2020

Recht haben

 

Wie angeteast, meine lieben Lesehäschen, ist es Zeit, sich den einen oder anderen laienhaften Gedanken über Rechte zu machen. Für alle, die es nicht kennen: Rechte sind was sehr Schönes, besonders, wenn man sie selber hat. Haben andere sie, kann das bisweilen lästig sein, aber aber da muss man sich halt arrangieren. Die vorübergehend hoffnungsfrohe SPD-Tante Franziska Giffey gab gewaltbereiten Mitmenschen einmal als Anhaltspunkt, dass deren Recht, den Arm auszustrecken, dort ende, wo ihre (also Frau Giffeys) Nase beginnt. So weit, so klar.

Das gilt übrigens auch für Andreas Khol. Seiner Ansicht nach hat ja Pamela Rendi-Wagner „danach gerufen, ihr eine aufzulegen“, was, wie er danach zu präzisieren gezwungen war, eine urtirolerische Formulierung dafür ist, „dass man Frau Rendi-Wagner für ihre unsachlichen Aussagen über die Bundesregierung kritisieren muss“. Damit haben wir alle etwas dazugelernt, und es bleibt nur zu ergänzen, dass man auch Herrn Khol dafür kritisieren muss (vielleicht mit der flachen Hand, keine Ahnung, wie er das gemeint hat, am besten fragt ihr ihn selber), dass er sein einstiges Wahlvolk derart für blöd verkaufen zu können glaubt.

Besonders hübsche Rechte sind die Menschenrechte. Da gibt es zum Beispiel das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, aber auch so Sachen wie die Reise- und Versammlungsfreiheit oder die Meinungsfreiheit, dank welcher du auf die Straße gehen und auf Politiker schimpfen darfst. Zumindest meistens. Denn es können ja, wie wir auf die harte Tour gelernt haben, Umstände eintreten, die quasi der Supertrumpf der Gesellschaft sind. So ein dunkler Supertrumpf ist Covid. Es sticht das eine oder andere Menschenrecht, weshalb wir eben nicht so einfach gemeinsam über die Politik schimpfen, um den Globus fliegen oder uns absichtslos zusammenrotten dürfen.

Wie es aber im Quartettspiel der Würde einen Supertrumpf gibt, der Menschenrechte sticht, gibt es – Glück oder nicht – auch einen Hypertrumpf, gegen den der Supertrumpf abstinkt. Denn man kann wohl, um eine Pandemie im Zaum zu halten, die Bevölkerung zum Daheimbleiben anhalten. Man kann das Versammlungsrecht einschränken, man kann das Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben auf Standby schalten. Und selbstverständlich kann man die Leute dazu verpflichten, Schutzmasken zu tragen – die Kunden im Supermarkt oder in der Apotheke, die Fahrgäste im Bus und die Schüler im Unterricht. Doch genau hier findet der Pandemiesupertrumpf endlich seinen würdigen Gegner. Denn es ist kein Problem, den Schülern Masken umzuschnallen, sonst hält die ganze Klasse die Luft an! Den Lehrern aber – jenen Lehrern, die in einem herkömmlichen Klassenzimmer mit Abstand am meisten reden und damit im Falle eines blöden Falles auch am meisten Viren von sich blasen – den Lehrern kann man das nur empfehlen, nahelegen, auf ihren gesunden Menschenverstand zählen und sonst noch allerlei.

Man kann sie aber nicht dazu verpflichten. Denn das, meine lieben Lesehäschen, wäre ein Eingriff in das Dienstrecht. Wir lernen also in der Schule, aber sehr wohl fürs Leben, dass das österreichische Lehrerdienstrecht ein noch wertvolleres Gut ist als jedes hergelaufene Menschenrecht!

Mindestens so wertvoll ist natürlich die österreichische Justiz. Mit einer Woche Verspätung erheben wir unsere Gläser auf sie. Prost! Und schönes Wochenende.

 

Freitag, 4. Dezember 2020

So einfach kann es sein

 

Es heißt zwar, dass guter Rat teuer sei. Das ist aber in Zeiten wie diesen offensichtlich Unfug. Rat ist heute so billig zu haben wie nie. Als kreiskygeschulte Keynesianerhäschen wisst ihr natürlich, was ihr zu tun habt, weshalb euer serviceorientierter Kolumnator nicht anstehen darf, euch eine unvollständige Zusammenschau dessen zu liefern, was auf dem Ratschlagsmarkt derzeit geradezu verramscht wird, auf dass ihr die Qualität des Gebotenen als mündige Ratskonsumenten selbst beurteilet und dann gut antizyklisch preiswerte Ratschläge bevorraten könnt.

Recht billig gibt es, wie euch nicht entgangen sein wird, Christine Aschbacher, die uns wissen hat lassen, was im Homeoffice erstrebenswert sei: nämlich beispielsweise Licht, Luft und Wärme. Leider hat die Arbeitsministerin vergessen, auch ein Dach über dem Kopf zu stipulieren, sowie die regelmäßige Versorgung mit ausreichend Nahrungsmitteln und die Möglichkeit, bei Bedarf eine Toilette aufzusuchen. Immerhin erinnert sie uns daran, dass es ungünstig ist, wenn man über eine Leiter ins Homeoffice steigen muss. Auch hier fehlen aber entsprechende Hinweise für Seil- und Wasserrutschen, glühende Kohlenbahnen oder stark befahrene Verkehrswege, die man ja auch nicht überqueren müssen will, nur um dann MS Teams zu starten. Vielleicht kommt das ja dann in der nächsten Pressekonferenz.

Ein echtes Sonderangebot unter den Ratschlägen hat Dagmar Belakowitsch für uns in petto. Frau Belakowitsch ist, für alle, die das jetzt nicht parat haben, promovierte Medizinerin. Wenn das keine Referenzen sind! Erfreulicherweise hat sie aber dem Fachidiotinnentum eine klare Absage erteilt, indem sie sich als Literaturfeinspitz im Allgemeinen und Verehrerin des Poeten Christian Morgenstern im Besonderen positioniert. Denn sie hat uns via Fernsehnachrichten ausrichten lassen, dass wir lieber nicht an den Corona-Massentests teilnehmen sollen. Damit, so die Abgeordnete, riskiert man nämlich ein positives Ergebnis (wer wollte da widersprechen!), und dann kann man nicht mit seinen Lieben Weihnachten feiern. Dabei hat sich die Expertin offenbar von Morgensterns berühmtem Gedicht Die unmögliche Tatsache inspirieren lassen. Dort wird Palmström von einem Auto angefahren, und zwar in einer Fahrverbotszone. Er schließt daraus, dass der Unfall nur ein Traum war, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Möge auch die FPÖ-Gesundheitssprecherin (das ist Frau Belakowitsch nämlich) gleicher Gewissheit nie ermangeln! Dann ist ihr eine große Zukunft gewiss, die sich keineswegs in den engen Bahnen des Gesundheitsbereichs erschöpfen muss. Im Innenministerium zum Beispiel harrt ihrer ein riesiges Betätigungsfeld für massive Einsparungen, sobald wir uns einmal klarmachen, welches Risiko polizeiliche Ermittlungen bergen: Man läuft dabei immer Gefahr, daraufzukommen, dass jemand etwas angestellt hat. Nicht umsonst weiß das englische Sprichwort Ignorance is blissetwas nicht zu wissen kann eine wunderbare Erfahrung sein. Auch das Finanzministerium kann – gerade unter der Ägide des Herrn Blümel – bestimmt jemanden brauchen, dem klar ist, dass man bei allzu scharfem Rechnen womöglich feststellt, dass sich das nicht ausgeht.

Nächste Woche vielleicht: Rechte in Österreich.

Bis dahin viel Glück, Dagmar, und schönes Wochenende euch allen!