Lesen, und wer wüsste das besser als ihr, o vielgeliebte Lesehäschen, bildet bekanntlich. Freilich bildet es bisweilen die Meinung, dass man es sich sparen hätte können, den Blödsinn zu lesen. So wurde in der ZEIT ein Alexander Kluge befragt, wie man aus dem Ukrainekrieg herauskommen könne. Man wandte sich an einen Berufenen, denn der Gute ist anscheinend „Filmemacher, Fernsehproduzent, Schriftsteller, Drehbuchautor, bildender Künstler, Philosoph und Rechtsanwalt“. Allerdings fehlen hier mindestens noch „Komponist, Architekt und Hebamme“.
Und siehe: Er hat nicht nur eine Meinung, er hat Visionen. Nämlich: „Die Lieferung von Baumaterial für den Wiederaufbau der zerstörten Ukraine könnte die Einbildungskraft für die Zeit nach dem Krieg entzünden.“
Ich weiß ja nicht, wie es euch geht. Aber wenn ich ein Ukrainer wäre, und die deutsche Bundesregierung (oder auch die österreichische) stellt mir eine Palette Ziegel vor die Tür, während ich auf Telegram mitverfolgen kann, wie der russische Vorstoß in meine Richtung so läuft, dann würde das zweifellos meine Einbildungskraft entzünden, aber möglicherweise weniger in Richtung des von Kluge imaginierten gemeinsamen Wiederaufbaus als hinsichtlich dessen, was ich mit den Verantwortlichen gern anstellen würde.
Doch Kluge ist auch Realist: „Dass Panzerlieferungen helfen, den Krieg zu beenden, glaube ich nicht.“ Wie wahr. Wem es darum zu tun ist, der sollte Panzer natürlich nicht an die Ukraine liefern, sondern an Russland. Kluge reiht sich damit bei jenen Geistesgrößen vom Schlage Peter Weibels und Alice Schwarzers ein, die schon im vergangenen Jahr in einem offenen Brief dazu aufforderten, den Krieg raschest zu beenden, und diesen Appell nicht etwa an Putin richteten, sondern an Scholz.
A propos Geistesgrößen: Sophie Passmann hat sich, ebenfalls in der ZEIT, darüber Gedanken gemacht, wie unfair die Welt zu Madonna und zu Frauen im Allgemeinen ist. Denn:
Ausnahmslos jede Frau, die eine Karriere in der Öffentlichkeit hat, ist mit der Tatsache konfrontiert, dass ein Teil des Wertes ihrer Persona mit ihrem Aussehen zu tun hat. Das klingt gewaltvoll, als würde man einen Teil seines inneren Wertes ohnehin kompromittieren müssen, wenn man sich als Frau der Öffentlichkeit stellt.
Nun habe ich keine Ahnung, wie Frau Passmann aussieht. Ich weiß aber, dass sie zu einem nicht geringen Teil vom Schreiben lebt. Deshalb muss ich leider feststellen, dass sie einen Teil ihres inneren Wertes „kompromittiert“ hat, weil sie die Wendung „würde man müssen“ anstatt eines schlichten „müsste man“ in die Öffenlichkeit gestellt hat, von „gewaltvoll“ ganz zu schweigen. Tja, schade. Es wäre so einfach gewesen.
Schönes Wochenende!