Freitag, 22. März 2024

Untertänig

 

Wir haben es hieramts ja schon hin und wieder gesagt, o devote Lesehäschen: So richtig Staatsbürger ist man erst, wenn man hin und wieder spürt, wer hier die Obrigkeit und wer die Untrigkeit ist. Früher genügte dafür das Bedürfnis nach einem neuen Pass, schon wurde man mit etwas Glück stundenlang von gelangweilten Pragmatisierten (Internet gab es damals ja noch nicht) getögelt.

Heute ist der Amtsschimmel nicht mehr ganz so leicht zu finden, aber ich kann euch beruhigen: Er lebt noch. Wer sich davon überzeugen will, hat am besten noch keinen Führerschein. Um nämlich zur Fahrprüfung antreten zu dürfen, muss man ein ärztliches Gesundheitszeugnis vorlegen, das einem jeder praktische Arzt ausstellt. Man gibt es bei der Fahrschule ab und basta.

Natürlich gilt das nur, wenn bei der Untersuchung nichts Bedenkliches herauskommt, wie zum Beispiel, dass dein Hör- oder Sehvermögen kaum vorhanden ist, dass du gewohnheitsmäßig lustige Drogen einwirfst (hier ist wieder einmal Zeit, an den schönen Reim zu erinnern: LSD und andere Drogen / wirken stark halluzinogen.) oder aber: dass du in letzter Zeit beim Neurologen warst und dort etwas verschrieben bekommen hast. In diesem Fall schickt dich der Arzt heim und leitet die Chose an die Behörde weiter. Von jener erhältst du nach ungefähr einem Monat (wer braucht heutzutage schon einen Führerschein) eine Ladung zum Amtsarzt. Dort trittst du ein, grüßt schön und legst deinen Patientenbrief vom Neurologen vor.

Die Amtsärztin erklärt dir, dass das ein schöner Patientenbrief sei, aber leider nicht ausreichend. Der Neurologe muss ausdrücklich bestätigen, dass nichts gegen das Lenken eines Kraftfahrzeugs spricht. Besorge dir das schriftlich, bring es vorbei und basta.

Gesagt, getan. Der Arzt schreibt dir den Zettel gerne, du gehst wieder zum Verkehrsamt und gibst den Zettel ab. Heute ist allerdings nicht die Amtsärztin von gestern da, sondern ein anderer. Er wirkt so, als finde er den Weg zur Hausapotheke auch im Dunkeln ohne Tasten und als würde es ihm guttun, dort bald einmal eine Leckerei zu holen. Kurz: Er scheint qualifiziert. Dieser erklärt dir, dass auf dem Zettel viel mehr stehen müsse, dass so ein Befund „oft mehrere Seiten“ lang sei (wow! Was es alles gibt!) und dass du ja eine Zuweisung mit einschlägigen Details mitbekommen habest.

Du verneinst dies, worauf er erwidert: „Ich gebe Ihnen eine Zuweisung mit.“ Du fragst dich, warum man sich eigentlich ein Medizinstudium antut, wenn man dann in einem hässlichen Kämmerlein im Verkehrsamt endet. Dann fällt dir aber ein, was der Neurologe über Amtsärzte gesagt hat, und du kennst die Antwort. Du wendest dich erneut an deinen Arzt, der dir alsbald einen Befund schreibt, der sich gewaschen hat.

Was dann geschieht? Die Zukunft wird es weisen.

Schönes Wochenende!

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