Gewiss kämpfen viele unter euch, o achtsame Lesehäschen, mit dem Gendern, auf dass sich niemand auf das nichtphallische Modeaccessoire getreten fühle. Es ist Zeit für eine Runde Frohlocken, wie uns Melisa Erkurt kundtut, ihres Zeichens Frau, die im Falter jede Woche was schreiben darf, meistens über Bildung. Diesmal klärte sie euren ergebenen, alten und weißen Mann wie folgt auf:
„Hallo, ich heiße Melisa und meine Pronomen sind she/her“ – so fangen Vorstellungsrunden im Kreise junger Menschen oft an.
Der junge Mensch im Kreise des Zweckdichters konnte dies keineswegs bestätigen, aber was soll’s. Denn:
Viele Junge schreiben ihre Pronomen auch in ihre E-Mail-Signatur, da können Sie also gern nächstes Mal hinschauen, bevor Sie jemanden mit „Liebe“ anreden, obwohl die Pronomen der Person they/them lauten.
Man KÖNNTE sich jetzt fragen, wieso man eine Person, die mit einem Pronomen im Plural angesprochen sein will, nicht mit einer Anrede im Plural anreden soll. Man könnte sich sogar fragen, ob eine Kolumnistin, die anscheinend nicht weiß, wie der Plural von „lieb“ lautet, wirklich die Anlaufstelle erster Wahl für sprachliche Fragen ist.
Vielleicht sollen wir daraus auch entnehmen, dass wir über Leute, die „they/them“ als ihre Pronomen verwendet wissen wollen, im Plural reden sollen, während wir sie aber am besten nicht anreden?
Die folgenden Behauptungen von Frau Erkurt scheinen jedenfalls unangemessen optimistisch, um nicht zu sagen: völlig aus der Luft gegriffen.
Wenn man damit nicht so oft zu tun hat und es einen persönlich nicht betrifft, klingt es erstmal komplizierter, als es ist. Wobei, ganz so unkompliziert ist die sprachliche Umsetzung, wie manche junge Menschen dann tun, aber wiederum auch nicht, sonst würde man sich nicht mit englischen Pronomen aushelfen.
Stimmt. Wenn es wirklich einfach wäre, könnte man sagen: „Sie ist schnell Bier holen gegangen.“ Aber das wäre übergriffig und unsensibel, wo sie sich doch klar und deutlich gewünscht hat, dass wir sagen: „She ist schnell Bier holen gegangen.“ (Hoffentlich nicht zuviel, sonst wird her schlecht.)
Und da haben wir noch gar nicht davon geredet, dass die Autorin ganz andere Probleme hat als das Gendern. Zum Beispiel hilft man einander mit etwas aus. Wenn Frau Erkurt also der sprachlichen Sicherheit ermangelt, helfe ich ihr gerne aus. Wenn mir selber hingegen der eine Ausdruck nicht einfällt, behelfe ich mir mit einem anderen.
Aber in Wahrheit ist das alles müßig, denn wer gut aufgepasst hat, hat gemerkt, dass die Gute von Einhörnern und Feen fantasiert. Zwar haben „die Jungen“ Mailadressen. Sie haben sie aber nur, weil man in unserem vorgestrigen Internet oft eine braucht, um sich für Merch oder Konzertkarten oder sowas zu registrieren, und nicht, weil sie sich davon irgendeine kommunikative Erleichterung erhoffen. Deshalb tut sich auch keiner von ihnen die Mühe an, eine Mailsignatur einzurichten. Es sei denn, er ist nicht mehr so jung, wie er tut, und/oder nonbinäre:r Aktivist:in#*.
Nächstes Mal: Wobei, was soll das eigentlich? Schönes Wochenende!

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