Freitag, 21. März 2014

Was zu den Essen


Mehrfach wurde die Frage an euren Kolumnator herangetragen, wie das mit den Essen sei. Den doppelten und den scharfen Essen nämlich. Gerne greife ich diese Frage auf, denn dabei kann man nichts falsch machen, bleibt ganz von selbst sachlich und fängt nicht an zu geifern, wenn man zum Beispiel an das gestrige Telefonat mit dem Kunden denkt oder an das heute empfangene Feedback vom andern Kunden.

Fangen wir damit lieber gar nicht erst an, sonst wird das eine Kolumne voller #*$%&$$%$§§%. Schwer lesbar, und es nutzt ja doch nichts. Manche scheitern an Krieg und Frieden, andere an Subjekt-Prädikat-Objekt. Letztere sind im Marketing gut aufgehoben, weil "Keep it simple, stupid." Als stupider Simpel hat man genug damit zu tun, Briefings zu schreiben, um die eigene Geistesblöße notdürftig zu bedecken, und kann sich nicht mit der Frage abgeben, warum der Texter im Mailing gern vollständige Sätze stehen hätte anstatt ein Geschwurbel, das aussieht, als hätte ein Orang-Utan einen Erpresserbrief zusammengepickt.

Also, die Esse sind die große Ausnahme, der eine löbliche Punkt, wo die Rechtschreibreform tatsächlich mehr Klarheit gebracht hat. Früher, so erinnern sich die Lesehäschen in meiner Altersklasse, lautete die Regel wie folgt:

Nach kurzem Vokal kam ss (Masse, hassen, lassen, essen).

nach langem Vokal kam ß (Straße, Maße, weiße).

Am Wortende aber stand immer ß: Faß, Haß, Gelaß.

Dieses blieb erhalten, auch wenn das End-ß ins Wortinnere rutscht, z.B. in einer Zusammensetzung: Paßfoto, Kußmund.

Heute gelten nur noch die ersten beiden Regeln, d.h. man schreibt ss, wenn der Vokal kurz ist, auch am Wortende: Fass, Hass, aber weiterhin Maß. Nach langen Vokalen bleibt sowieso das ß. Ach ja, Diphthonge (ei, au usw.) gelten immer als lang!

Der Vollständigkeit halber auch noch die Erinnerung, wie das mit dem dass und das ist:

Lässt sich das das(s) sinnvoll durch "dieses" oder "welches" ersetzen, dann schreibt man das. Wenn das nicht möglich ist: dass.

Ich hoffe, damit gedient zu haben.  Woraus ich mich heute abend ansaufe, weiß ich schon: aus Verzweiflung.

Freitag, 14. März 2014

Verbindungen


"Mit Reden kommen die Leut' z'samm", lautet nicht nur eine Weisheit, sondern auch eine Headline, die ich die Tage aber ganz sicher endlich verkaufe. Mit Reden kommen auch Wörter zusammen, und alles ist gut. Die Probleme kommen erst beim Niederschreiben. Zum Beispiel erfand im Jahre 1874 Jerome P. Maxwell den Luftballon (behaupte ich jetzt einfach). Groß und Klein erfreuten sich an dem neuen Spielzeug, und keiner verschwendete einen Gedanken daran, wie das Ding heißen sollte. Es hatte ja schon einen einwandfreien Namen: Luftballon
Heute haben wir es da deutlich schwerer, nicht zuletzt, weil wir unserer Zielgruppe oft nicht zutrauen, mit einem Wort von mehr als zwei Silben fertigzuwerden.

Deshalb könnte aus dem Luftballon zum Beispiel ein Luft-Ballon werden. Man hofft dann, dass die durch Bindestriche getrennten Häppchen leichter den Leseschlund hinabrutschen und sich besser verdauen lassen. Allerdings haben Bindestriche die Neigung, sich in unbeobachteten Augenblicken fortzupflanzen wie die Eltern von Promenadenmischungen. Schon hat man dann nicht nur Luft-Ballons, sondern auch Promenaden-Mischungen, Service-Hotlines, Kunden-Karten oder gar Business-Service-Points und weiß der Geier was noch alles, so dass das Auge vergeblich versucht, auf dieser Vielzahl von Strichlein das Gleichgewicht zu halten und rettungslos ins Buchstabenunterholz hinabstürzt.

Doch mit dem Bindestrich fängt die Sache erst an. Der Bindestrich ist für die Fußgänger unter den Kopplern, und wir sind ja "cutting edge". Bringen wir die Sache also auf den Punkt, und schon haben wir statt der drögen Binde-Striche so etwas wie saucoole Strich.Punkte oder Vorteils.Clubs.

Man kann es sich auch einfach machen und versuchen, mit der Eleganz des Leerraums zu punkten, also eigentlich: des Leer Raums. Im Handumdrehen tummeln sich dann Service Mitarbeiter, Business Points und Bonus Lounges, und man weiß schon, dass in so einer Bonus Lounge kein Schnörkel das Auge beleidigt, alles ist bauhausmäßig aufgeräumt und designerisch wertvoll.

Wenige gehen den nächsten Schritt und trauen sich über den Schräg/Strich. Mit Recht, trennt er doch, was eigentlich zusammenfinden soll. Danach wird es auch schon eng, Doppel:Punkt, Plus+Zeichen oder Blinke*Sternchen sind höchstens was für die Visitenkarten von Architektur#Büros.

Als Trio des Erfolgs haben sich Binde-Strich, Leer Raum und Coolness.Punkt anscheinend fest eingegraben, und keiner findet mehr was dabei. Doof ist bloß, wenn ein Kunde alle drei nutzt. Man weiß dann oft auf die Schnelle nicht, ob jetzt ein Kunden.Berater an der Premium Hotline sitzt oder ein Kunden-Betreuer am Service.Telefon. Hauptsache, die Verbindung wird hergestellt.

Freitag, 7. März 2014

Der Case fürs Raunzen

Manches muss man einfach loswerden, sonst wird schnell ein Magengeschwür daraus. Das gilt nicht nur für unwiderstehliche Kalauer, sondern, ja leider, auch fürs Raunzen. Heute wird hier was weggeraunzt, damit nächste Woche in der Abteilung D&P der Himmel voller Pimmel, Geigen oder worauf man halt grad steht hängt.
Also: Was ist ein Case? Ein Case ist nicht die Welt, deshalb ist ein Case auch nicht alles, was der Fall ist. Nicht jeder Fall ist ein Case, aber manche Cases sind eher Zufall.
Denn strenggenommen sollte ein Case zum Erkenntnisgewinn beitragen: bei uns selbst, bei unseren Kunden oder bei deren Kunden.
Er sollte zeigen, an welchen Parametern gedreht wurde und was das genutzt oder geschadet hat.

Er sollte nachvollziehbar darstellen, was das Spezielle an den dargebotenen Maßnahmen ist und warum.

In letzter Zeit kommen mir aber immer mal wieder ganz andere Cases unter. Die funktionieren nach einem sehr schlichten Muster: 
"Grüß Gott, wir sind das große Unternehmen A. Unser Kunde B setzte früher regelmäßig eine dialogische Werbemaßnahme.
Dann sind wir dahergekommen und haben diese Werbemaßnahme geändert: Wir haben sie bunter gemacht, einen dritten Gutschein dazugepackt und einen Brief mitgeschickt.
Daraus ist klar ersichtlich, dass ein personalisiertes Anschreiben bei Neukunden mit Schaltjahrgeburtsag 6,5 % Gutscheineinlösequote bringt." 
(Ganz wichtig: Nicht "6,5 % mehr", sondern nur "6,5 %". Denn bei dieser Sorte Case sind Vergleichswerte niemals verfügbar.)
Das, meine hochverehrten Damen und Herren, ist kein Case, sondern vielmehr etwas, das wir mit einem werblichen Terminus technicus als "kompletten Schmarrn" bezeichnen. Er ist die Zeit nicht wert, die er zum Texten und Layouten braucht, nicht die Zeit für sieben Korrekturschleifen und auch nicht die Kosten für den Druck. Er ist überhaupt nichts wert. Niemand ist nämlich einerseits imstande, sinnerfassend zu lesen, und andererseits so einfältig, sich auf derartig hirnfaule Weise etwas einreden zu lassen.

So. Nächste Woche: Leser fragen, ich drücke mich um die Antwort. Her mit eurer Wissbegier!