Pfingsten
war, und was haben wir gefeiert? Erstens unser Lieblingsfest, denn im restlichen Jahr sind wir genug
gestresst (danke, Christoph & Lollo). Zweitens aber warum? Na, wer hat
die katholischen Feiertage noch parat, die euch einst die Klosterschule in
liebevoll gestalteten Morgenandachten nahegebracht hat? Keiner? Alsdann:
Pfingsten ist das mit den Flammen und dem heiligen Geist, wonach die Apostel in Zungen redeten. Letzteres ist ein
schöner Ausdruck dafür, dass alle Anwesenden die Jünger verstanden haben,
ungeachtet der eigenen Sprachkenntnisse.
Damit
ist die Zungenrede (ja, die heißt wirklich so) das genaue Gegenteil des
Füllwortes: Ganz gleich, ob du der
Sprache mächtig bist, der es zu entstammen scheint, das Füllwort ist dazu da, nicht
verstanden zu werden. Es ist, für jene Lesehäschen, deren Schnurrhaare an den
Spitzen schon einen grauen Anflug zeigen, das Testbild der Sprache: Anhand
seiner kannst du dich vergewissern, dass Hör- und Sprechapparat ordnungsgemäß
arbeiten. Mehr aber auch nicht. In dieser Eigenschaft ist nichts gegen das
Füllwort einzuwenden. Doch wehe!, nur zu viele Sprecher missbrauchen es, um
nicht die Lücke der Ungewissheit zu füllen, sondern die Ruhe des Nichtssagens.
Man darf, o Häschen, gelegentlich beim Sprechen eine Pause machen. Das ist
garantiert immer noch besser, als verzweifelt so etwas wie Genau! einzuschieben,
wenn dein Gegenüber überhaupt nichts Bestätigungsbedürftiges geäußert hat,
oder, mein persönlicher Liebling unter den nichtsnutzigen Plapperphrasen, dass
ich sage, okay. Sie ist nicht nur eine der unanhörigsten (wie unansehnlich, aber für die Ohren)
Wendungen der Welt, sondern auch eine besonders rätselhafte.
Denn
was geschieht, wenn du bemerkst: dass ich sage, okay? Du sprichst zu
mir und fühlst dich bemüßigt, mich über diesen Sachverhalt zu unterrichten. Das
allein ist schon tautologisch. Du sagst, dass du sagst. Aber du sagst jetzt
nicht das, was du mir sagen willst, sondern erst einmal: Okay, verpackt in eine
Nebensatzkonstruktion mit Phantomhauptsatzschmerzen.
Das
ist einerseits nett von dir, denn so kann ich über das Gehörte nachdenken, ohne
etwas Wichtiges zu versäumen. Okay ist schließlich eh okay. Andererseits könnte
ich mir das Nachdenken sparen, würdest du endlich zum Punkt kommen.
Doch
das ist noch nicht alles. Dass ich sage,
okay ist nicht nur einzigartig
umständlich und unnötig, es ist auch grammatisch so singulär wie eine Rübe in
Form eines ordinären Körperteils, und wenn dein Frühkind sie aus der Erde zieht
und der Frühkindpädagogin mitbringt, entsteht Erklärungsbedarf: Die Phrase ist
steigerungsfähig wie ein Adjektiv, aber auf ganz besondere Weise. Für die
komparativische Wirkung fügt man nicht am Anfang oder Ende etwas hinzu, sondern
mittendrin: Dass ich hergehe und sage, okay.
Oha!
Du gehst her? Da schau her. Und ich hatte gedacht, du seist schon die ganze
Zeit dagewesen. Mit wem habe ich denn bisher gesprochen?
Ja, ja, ich gebe schon Ruhe. Ich weiß eh: Das
Füllsel ist nicht dazu da, verstanden zu werden, also Gedanken auszudrücken. Herr
Talleyrand, zu seiner Zeit einer der bestgehassten Menschen Europas, soll
einmal geäußert haben, die Sprache sei uns gegeben, um unsere Absichten zu
verschleiern. Das Füllsel ist dafür untauglich: Es will nicht unsere Gedanken
verhüllen, sondern den Mangel daran. Dabei scheitert es auf lästige Weise, dies
aber verlässlich. Es ist daher Zeit, nicht etwa herzugehen und zu sagen, okay,
das war jetzt unnötig. Sondern eben nicht. Ich habe von Philosophie nicht viel
Ahnung, aber ich vermute, dass Wittgenstein recht hatte mit seinem Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss
man schweigen. Er hat wohlgemerkt nicht gesagt: Ehe man sprechen kann, muss man faseln. Wenn du den Faden verloren
hast, suche ihn. Du wirst ihn schneller finden, wenn du dabei nicht quasselst. Hast
du nichts zu sagen, dann mach es dir und uns allen leicht. Du kannst einfach mal die Fresse halten. Schönes
Wochenende!