O Häschen, nichts wird leichter. Das ist nicht unbedingt
schlecht, aber anders. Heute wenden wir uns einem First World Problem zu, das sicherlich gar manchen unter euch auf den
Nägeln brennt. Denn als einst die Griechen den Trojanern das bewusste Hohlpferd
unterjubelten, durchschaute der Priester Laokoon den Betrug und versuchte die
Troer zu warnen. Den Göttern aber gefiel es, ihn mitsamt seinen Söhnen von zwei
Schlangen erwürgen zu lassen. Das würgliche Gewirks, als welches diese Bluttat
sich präsentierte, kennen wir als bildhauerische verewigte Laokoongruppe. Wer sie sieht, dem wird so recht bewusst, wie nichtig
menschliches Streben im Angesicht höherer Widrigkeiten ist, oder, wie man in
Wien sagt: Wann der Herrgott net wü, nutzt
des gor nix.
Die Laokoongruppe hat ihre Funktion jedoch überlebt. Wer heute in
jenen Abgrund schauen will, der bei zu langer Betrachtung zurückschaut, dem
stellt das moderne Leben stattdessen die Frage der Kaffeebereitung.
Einst war es einfach: Man hatte einen porzellanenen Filterhalter und eine Kaffeekanne. Papierfilter
in Filterhalter, Halter auf Kanne, Kaffeepulver in Filter, heißes Wasser
drüber, Zeit, fertig. Andernorts gab es ingenieursseitig hochentwickelte Siebträgerlösungen
mit Hebeln, Manometern und einem Gefühl, wie wenn du im Führerstand einer Dampflok
auf eine Haarnadelkurve zurast, nachdem die Bösewichte den Lokführer in die
Schlucht geworfen haben. Die klassische Bialetti
war immer ganz okay, nur war keine Herdplatte so klein wie die
Maschine, weshalb über kurz oder lang der Kunststoffgriff schmolz. Dann kam die
Kapselmaschine und brachte die Demokratisierung
des Espressogenusses. Dafür zahlten wir freilich einen hohen Preis, weil Kaffee
in Kapseln fünfmal soviel kostet wie richtig guter Kaffee in der Kilopackung.
Dafür gab es das schlechte Gewissen für die Aluminiumverschwendung gratis dazu.
Wer also nicht Kaffee kochen will wie Oma, der steht wieder vor der
Entscheidung zwischen dem Wahren, Guten und Schönen, also der klassischen Siebträgermaschine,
die nach Infrastruktur in Form von Mühle, Milchzubereitung sowie nach
technischer Aufgewecktheit schon vor dem Frühstück verlangt, und dem Praktischen:
dem, horresco referens (lat.: mir
graust, wenn ich’s sage), Kaffeevollautomaten.
Dieser tut alles selbst, kann alles ziemlich gut, kümmert sich um die Milch und
braucht keine Kapseln. Jedoch enthält er, und damit sind wir endlich dort
angelangt, wo die Entscheidungskraft beim Kauf von Schlangen erwürgt wird, die Brühgruppe. Die Brühgruppe ist leider
keine genial benamste Postpunk-Kombo, sondern gehört zu den Eingeweiden des
Vollautomaten. Hier finden Kaffeepulver und heißes Wasser zusammen, auf dass
Kaffee entstehe.
Nun ist schon die Entscheidung zwischen Siebträger und
Vollautomat wie ein Hundewelpe, indem nämlich jeder davon mehr Ahnung hat als
du, der den Welpen pflegt und hegt, und diese Ahnung auch gerne zu Markte
trägt. Wenn du aber schon schwach geworden bist und dich für den leichteren Weg
entschieden hast, lauert hier, (ebenfalls wie in der griechischen Sage), der
nächste Schrecken: Wie hältst du es mit der Brühgruppe? Soll sie herausnehmbar
sein, sodass du sie liebevoll reinigen kannst? Oder vertraust du darauf, dass der
Hersteller sich die Sache mit der Reinigung gut überlegt hat? Nur eines ist
gewiss: Sobald du das Wort „Brühgruppe“ in eine beliebig zusammengesetzte Runde
wirfst, erfährst du wie Laokoon, dass du dich besser anders entschieden
hättest. Im Unterschied zu Laokoon überlebst du das wahrscheinlich. Doch was du
auch tust, Kaffee wird nie mehr der unschuldige Genuss sein, der er einst war.
Schönes Wochenende!