Zwar wird alles immer schlimmer (Klimaerwärmungfemizidstephanpetzner),
doch erinnern brave Bildungshäschen sich an ihren Hölderlin: Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende
auch. Dies gilt bisweilen sogar für Feedback,
das ja aus der Runde gesellschaftsfähiger Textsorten ausgeschert ist, um
gemeinsam mit YouToube-Kommentaren und den Ausreden von Harald Vilimsky eine gewaltbereite pressure group zu gründen. Umso überraschender, dass auch Feedback
sich zum Guten wandeln kann! So ward eurem Zweckdichter kürzlich beschieden,
dass der Endkonsument ein bestimmtes Service nutzen könne, um digital
erhaltene Informationen nicht einfach einzusehen. Nein, er könne sie „rückwirkend“ einsehen.
Nun ja. Irgendwie – nein, auch irgendwie nicht. Wenn du, o kulturbeflissenes
Flauscheknäuel, wieder einmal Faust II vornimmst, weil der Sonntagnachmittag
sonst verschwendet wäre, dann liest du die Worte des Meisters ja nicht „rückwirkend“,
nur weil er sie geschrieben hat, ehe du sie lesen konntest. Denn im rückwirkend steckt die Wirkung. Zwar wissen
wir längst, dass der Leser das literarische Werk mitkreiert, insofern jede
Leseerfahrung einzigartig ist, sodass bei hundert Lektüren von Faust II hundert verschiedene Faust-II-Fassungen in den Köpfen der
Lesehäschen entstehen. Der Text, soweit er gerade nicht gelesen wird, bleibt
davon jedoch erstens unbehelligt. Und zweitens ist damit nicht bewiesen, dass
auch bei der Lektüre deiner Handyrechnung ein einzigartiges Werk entsteht. Euer
Ergebener fühlte sich bei diesem dazureklamierten rückwirkend an den alten Schmäh erinnert, man solle den Brief an
die Tante langsam schreiben, denn sie könne nicht so schnell lesen. Doch siehe!,
die Argumente wurden gehört, verstanden und berücksichtigt. Kundin und Kunde
dürfen nun einfach lesen, ohne befürchten zu müssen, dass sich ihre Rechnung
wie Schrödingers Katze verhält und sich unter Beobachtung verändert.
Leider ist auf solche Glücksfälle kein Verlass. Zum Beispiel
kann euer Lieblingsreißerschreiberling
(ein Wort mit zehn Vokalen, und alle sind i oder e – nicht schlecht, oder?)
euch erzählen:
Bebend tastete sich
Sabine weiter ins Dunkel vor. Von links –wirklich von links? - glaubte sie ein schlürfendes Geräusch zu
hören. Durch die Risse in ihrer Bluse kroch Eiseskälte. Auch wenn die Schritte
ihres Angreifers vorerst verklungen waren, war sie jederzeit darauf
vorbereitet, ihm plötzlich wieder gegenüberzustehen.
Saufad, oder? Ein Ausbund ein Langeweile. Der Tod des Vergil ist dagegen ein echter pageturner. Woran das liegt? Aufgepasst: bekanntlich gibt es
einige bewährte Regeln, an die zu halten sich lohnt, will man einen geglückten
Text verfassen. Journalisten meiden seit Generationen das Wort „beim“, damit
der gefürchtete Beimbruch ihnen nicht die Reportage verdirbt. Das Passiv wirkt
distanziert und umständlich. Verneinungen verarbeitet der Leser erst im Nachhinein.
Und noch eine Regel gibt es, im Gegensatz zu vielen kenne ich sie dank Feedback
und gedenke sie künftig peinlichst zu beachten:
Das Wort „vorbereitet“
ist langweilig.
Daraus lernt man außerdem, dass der Urheber, die Urheberin dieser
Weisheit deutlich nach 1975 geboren ist. Andernfalls hätte sie noch den
keineswegs faden, sondern weitum gefürchteten Satz aus der Sendung Wer
bastelt mit? im Ohr: „Ich habe da schon was vorbereitet.“
In diesem Sinne: auf ein spannendes Wochenende!

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