Der Unterschied zwischen Stadt und
Land wird, o urbane und gebildete Lesehäschen, einerseits immer geringer, weil
es überall Streamingdienste und stellenweise sogar Verkehrsampeln gibt.
Andererseits halten sich einige tiefwurzelnde Unterschiede, mit denen man nicht
gerechnet hätte. Bis vor Kurzem gehörte dazu noch der dörfliche Brauch, dass der
Stammtisch rauchfrei war, während aber im Extrazimmer weiterhin inoffiziell gepofelt
wurde. Die Coronakrise und die mit
ihr einhergehende Verschärfung staatlichen Durchgreifens bis in persönliche
Fragen wie jene, ob man jetzt gerade auf dieser Parkbank sitzen dürfe, hat
diesem rührenden Relikt aus unbeschwerteren Zeiten ein Ende bereitet. Damit stehen
auch Betreiber von Wirtshäusern (die
sich bekanntlich von Gasthäusern dadurch unterscheiden, dass in diesen immer
der Gast recht hat) vor der Frage, ob sie nicht nur in einen Wärmepilz
investieren sollen, damit den rauchenden Gästen im Winter nicht kalt, sondern –
in Zeiten der Klimakrise wesentlich wichtiger – auch in eine Nebleranlage, damit ihnen im Sommer
nicht zu heiß werde. Kein Witz, erste Vernebelungsapparate wurden in Schanigärten
der Wiener Innenstadt bereits gesichtet. Euer Kolumnator hält sich hingegen gern
an den bewährten Kniff, sich in ein gut verschattetes Altbaulokal zu verziehen,
wenn es draußen zu heiß wird. Jedem das Seine.
Was sich hingegen hält, ist die Grabpflege, die, und genau hier verläuft
die Grenze zwischen Stadt und Land, entweder dem Gärtner überlassen oder selbst
erledigt wird. Es wäre vermessen, einen Zusammenhang zwischen eigenhändiger
Kranken- und Grabpflege herstellen zu wollen. Klar ist aber: Wenn du gärtnern
lässt, wohnst du mindestens im Speckgürtel.
Erst wenn du dir selber die Finger schmutzig machst, hast du die Stadt wirklich
hinter dir gelassen. Dabei ist es mit dem saisonalen Austausch der Bepflanzung
keineswegs getan. Je nach lokalem Klima will das Grünzeug der Würde auch
gewässert sein. Euer Ergebener kennt einen Fall, in dem die ortsüblichen
Grabstätten ungefähr die Größe eines stattlichen Doppelbetts haben (King Size,
wie der Amerikaner sagen würde) und wo längere Sonnenperioden im Hochsommer
nicht selten sind. Das übersetzt sich in tägliches Schleppen von acht
wohlgefüllten Gießkannen. Die
allseits gefürchtete Landflucht der Jugend erklärt sich damit nicht nur durch
das umfangreichere Jobangebot in Ballungsräumen. Wer nämlich keine genehme Beschäftigung
findet, sieht sich im Handumdrehen zum Grabbetreuungsdienst eingeteilt – „du
bist ja noch jung und hast eh Zeit“ – sodass der Nachwuchs sich schleunig vom
Acker macht, und sei es nur, um im Bahnhofsviertel einen Ersatz für Karriere zu
machen. Auch eine Drogenlaufbahn ist
eine Laufbahn, und wer hier schnell vorankommt, muss sich wenigstens keine
Gedanken mehr darüber machen, wer sich um die eigene Ruhestätte kümmert, in
krassem Widerspruch zu jenem Pfarrbrief aus der Heimatgemeinde eures Kolumnators,
in dem die Schäflein unvergesslicherweise aufgefordert wurden, jedes sein
eigenes Grab zu jäten.
Deshalb: Verkleinert die
Grabstätten, damit das Land lebendig bleibt! Schönes Wochenende.