Dass es kompliziert ist, meine lieben und o so aufmerksamen Lesehäschen, haben wir hieramts nicht nur schon des Öfteren konstatieren müssen, wir sind damit auch schon beim Thema.
Manche Themen werden ja, wie Sauerkraut oder Gulasch, beim Aufwärmen noch besser. So hoffentlich auch dieses, denn vom Prädikativ war schon einmal die Rede, wenn es auch, das kann man nicht anders sagen, damals eine Scheißkolumne war.
Was war noch schnell ein Prädikativ? Da gibt es verschiedene. Heute greifen wir wahllos die obligatorischen Prädikative heraus. Denn es gibt bekanntlich Verben, die für sich allein kein vollständiges Prädikat bilden können. Du kannst schmollen, nachdenken, kochen oder unterrichten, und bei alldem genügt sich das Verb als Prädikat selbst. Wenn du hingegen bist, bleibst, nennst oder dich erweist, dann muss zum Verb noch etwas hinzutreten – wobei es bisweilen von der Bedeutung abhängt, ob ein Verb ein Prädikativ braucht. Ein rein existenziell gemeintes sein braucht keines. Ansonsten musst du schon dazusagen, ob du angefressen, gesund oder im Rückstand bist. Wenn alle anderen gehen, du aber noch bleibst (also: deinen Ort nicht veränderst) ist das vollrohr in Ordnung. Wenn es aber um deine Verfassung geht, verrate uns, ob du jung, Jungfrau oder verfressen bleibst.
Verben, die ein Prädikativ gastfreundlich im Satz aufnehmen, nennt man auch (Bildungsauftrag!) Kopulaverben (hihi). Dazu gehören neben den schon erwähnten auch Wörter wie scheinen, dünken, klingen, gelten und ähnliche. So weit, so geil.
Nun erlebt man aber noch allerlei anderes. Vielleicht hat ein fleißiges Häschen schon einmal Holz klein gehackt, seinen Teller leer gegessen (damit das Wetter schön wird), sich glatt rasiert oder sich ein anderes Häschen schön getrunken. Sind das vielleicht auch Prädikative?
Nein, nein und nochmals nein, empört sich da der i-Tüpferl-Puderant in residence. Denn nach einem ordentlichen, rotbackigen Prädikativ kann man auch ordentlich fragen. Wie bist du, wie bleibst du, wie scheint es dir, wie nennst du dich? Das geht wunderbar. Doch bei solchen dahergelaufenen Möchtegerns, die sich das Prädikativmäntelchen umhängen wie der Trump den Mund-Nasen-Schutz, funktioniert das nicht. Wie habe ich den Teller gegessen? – Leer. Das ist offensichtlich Blödsinn, weil wie eine Eigenschaft erfragt (die auch die Eigenschaft eines Vorgangs sein kann!), leer essen hingegen einen Vorgang umschreibt.
Man erkennt daran, dass auch in der Orthographie nichts Besseres nachkommt. Einst nämlich hat man sich ein Häschen niemals schön getrunken, sondern stets schöngetrunken, die Politik nicht schlecht geredet, sondern schlechtgeredet und einem Qanon-Gläubigen die Ohren nicht lang gezogen, sondern langgezogen. Denn welche Wortart haben wir zur Hand, wenn wir sagen wollen, dass etwas geschieht? Genau, das gute alte Verb. Deshalb machte die Rechtschreibung einst aus einem Verb, das mit Hilfe eines Adjektives einen ganz bestimmten Vorgang beschrieb, ein neues Verb, sodass die Schnecken, die ganz viel zu fressen pflegten, den Garten kahlfraßen.
Im aktuellen Duden darf man beides. Man kann langziehen oder lang ziehen (was etwas anderes ist), man darf leeressen oder leer essen (was etwas anderes wäre, wenn es möglich wäre) und so weiter. Natürlich „empfiehlt“ der Duden jeweils die Getrenntschreibung, weil sie zwar doofer, aber einfacher ist. Nur bei einem solchen Wort kennt er keinen Pardon. Deshalb Frage an die Redaktion: Warum darf man etwas ruhig klein hacken, muss es aber jedenfalls kleinschreiben? Na, Duden, Oida, was ist da los?
Schönes Wochenende!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen