Freitag, 11. März 2022

Was zu feiern


 

Zappen ist, o bildungsbeflissene Lesehäschen, ja  meistens Zeitverschwendung. Bisweilen aber (vorausgesetzt, das Zweckdichterbalg hat nichts mitzureden, denn dann ist Zappen keine Überraschungstüte, sondern nur ein Umweg zu Home & Garden TV), bisweilen also kommt einem etwas unter, was man ohne Zappen nicht erfahren hätte. Nämlich gibt es seit Jahrzehnten praxistaugliche Kunstherzen. Die werden Leuten eingesetzt, um die Wartezeit auf ein Spenderherz zu überbrücken. Blöd ist, und jetzt kommt die Frucht des Zappens, wenn man eine Frau ist. Denn die Herzerzeuger nehmen als Standardpatienten einen Mann von ungefähr einsachtzig und ungefähr 85 Kilogramm an. Wenn man schmaler gepickt ist, hat so ein Kunstherz eventuell im Brustkorb keinen Platz und es bleibt einem nur der Notausgang aus dem Leben. Erst jetzt kommen kompaktere Modelle auf den Markt. Einem alten, weißen Bosnigl wie eurem Ergebenen drängt sich hier natürlich die Frage auf, wie die Gendertheorie dazu steht, für die das biologische Geschlecht ja lediglich ein Konstrukt ist, und ob Judith Butler, wenn sie, was Gott verhüten möge, in die Lage käme, aus Platzmangel dem Tod ins Auge zu sehen, sich halt einen geräumigeren Thorax herbeiperformieren würde.

Wie wir alten Dekonstruktivisten wissen, geht es bei solchen Dingen um die sogenannte Performativität des Sprechens. Das Sprechen selbst bringt gleichsam den Sprecher hervor, wenn es oft genug geschieht. Oder so ähnlich, das Interessante am Dekonstruktivismus ist ja, dass er immer eine Frage mehr zu stellen vermag, als man Antworten findet. Es sei denn, man ist Judith Butler, dann hat man irgendwann in Dekonstruktivismus gewonnen. Davon zu unterscheiden ist die Performanz. Sie zeigt sich in Äußerungen, die Realität schaffen. Wenn dir der Richter zum Beispiel fünf Jahre aufbrummt, ist das eine performante Äußerung, weil du dann einsitzen gehst.

Weniger dramatisch, und damit sind wir endlich bei den Feedbacks der Woche, geht es zu, wenn sich jemand etwas ausdenkt. Erstens gibt es nämlich einen neuen Feiertag: Euer Zweckdichter entbrach sich kürzlich eines Satzes, in dem das Wort „Weihnachtsgrüße“ vorkam. Dieses verwandelte sich im Dienstweg des Feedbacks in ein viel besseres Wort, die Unternehmensgrüße. An welchem Tag wir Unternehmen feiern, bleibt noch zu klären, ebenso wie die Frage, ob wir einander frohe, fröhliche, besinnliche oder einfach schöne Unternehmen wünschen werden. Hauptsache frei!

Das zweite Meisterfeedback betrifft die Frage, wie man Kunden lockt. Antwort: Man preist die Vorteile dessen an, was man zu bieten hat. Am besten übersichtlich aufgelistet, wenn es mehrere sind. In einer solchen Liste fehlte dem Feedbackspender ein Wort, das er denn auch hineinurgierte: das Wort Einschränkung. Das leuchtet ein, denn wer von uns hätte sich nicht schon beim Überfliegen diverser Angebote gedacht: „Oha, hier kann ich mir eine Einschränkung holen! Wo unterschreibe ich?“ Jaja, so sind die Menschen. Schönes Wochenende!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen